Wenn die Richterin mit dem Staatsanwalt verheiratet ist, ist dies ein Grund, sie wegen Befangenheit abzulehnen. Dies entschied das AG Kehl in der vergangenen Woche. Dabei sei irrelevant, ob es in der Sache um eine schwere Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit von geringer Bedeutung geht.
Da eine Ehe "in der Regel" auf gegenseitigem Vertrauen und Wertschätzung beruhe, bestehe aus Sicht eines Angeklagten die begründete Besorgnis, dass der Richter den Ausführungen eines mit ihm verheirateten Staatsanwalts eine besondere Bedeutung beimisst. So könne der Richter zum Beispiel – ob bewusst oder unbewusst – den Ausführungen des Ehepartners einen höheren Richtigkeitsrad zuerkennen als in vergleichbaren Fällen. Auch bestehe die Gefahr, dass aus Rücksicht auf den Ehepartner einem Entscheidungsvorschlag oder einem Vorschlag in Bezug auf das Strafmaß eher gefolgt werde, ohne dass dies der Sach- und Rechtslage im Verfahren entspreche.
Dies gilt nach Ansicht des Amtsgerichts (AG) Kehl selbst dann, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren, sondern lediglich um einen Bußgeldverfahren handelt, in dem die Ermittlungen nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von der Verwaltungsbehörde geführt wurden, die auch den Bußgeldbescheid erlassen hat. Denn bei einem Einspruch des Betroffenen werde der Staatsanwalt wieder selbst zuständig.
Eine Befangenheit werde ferner auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Staatsanwalt formularmäßig erkläre, er werde einer Entscheidung durch Beschluss nicht widersprechen, nicht an der Verhandlung teilnehmen, auf Terminsnachricht verzichten und keinen Antrag auf eine schriftliche Begründung des Urteils stellen. Schließlich sei es dem Staatsanwalt unbenommen, sich wieder unmittelbar in das Verfahren einzuschalten (Beschl. v. 15.04.2014, Az. 5 OWi 304 Js 2546/14).
mbr/LTO-Redaktion
AG Kehl zu verheirateter Richterin: . In: Legal Tribune Online, 23.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11774 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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