Eigentümer dürfen keine Überwachungskameras an ihren Häusern anbringen, die elektronisch auch auf das Nachbargrundstück gerichtet werden können, so das AG Gelnhausen. Die Nachbarn würden sich hierdurch nachvollziehbar beobachtet fühlen.
Neugierige Nachbarn kann niemand leiden. Wenn dann auch noch eine Kamera auftaucht, die möglicherweise auch das eigene Grundstück erfasst, fühlen sich die meisten wohl erst recht beobachtet. Zu Recht, meint das Amtsgericht (AG) Gelnhausen und entschied, dass bereits die Installation von Überwachungskameras unzulässig ist, wenn diese elektronisch auch auf das Nachbargrundstück geschwenkt werden können. Das gilt auch dann, wenn die Kamera nur das eigene Grundstück filmen soll. Denn Nachbarn müssen selbst eine nur mögliche Erfassung ihres Grundstücks nicht dulden, so das Gericht (Urt. v. 04.03.2024, Az. 52 C 76/24).
Der klagende Nachbar wehrte sich in diesem Fall gegen eine Kamera, die unterhalb des Balkons des Hauses nebenan angebracht wurde. Zwar war zwischen den Parteien streitig, ob die Kamera tatsächlich das Grundstücks des Klägers aufzeichnen konnte. Darauf komme es aber auch gar nicht an, so das AG. Denn die Kamera besaß jedenfalls einen elektronischen Steuerungsmechanismus, mit dem sie Personen sogar selbstständig nachverfolgen konnte. Allein dadurch entstehe ein sogenannter Überwachungsdruck.
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Bereits Vorhandensein der Schwenkfunktion ist entscheidend
Bei der Beurteilung, ob ein solcher Überwachungsdruck vorliege, sei entscheidend, ob dritte Personen eine Überwachung durch die Kamera ernsthaft objektiv befürchten müssen. Das sei dann der Fall, wenn dies aufgrund konkreter Umstände nachvollziehbar und verständlich erscheint. In diesem Fall befand das Gericht für ausreichend, dass das Verhältnis zwischen den Nachbarn ohnehin angespannt war und die Kamera durch den Steuerungsmechanismus theoretisch auf das Grundstück des Nachbarn ausgerichtet werden könnte. "Es kommt dabei lediglich darauf an, dass die Kamera eine solche Funktion besitzt. Ob sie angewendet wird, ist unerheblich", so das AG.
Ein Überwachungsdruck könne nur bei fest installierten Kameras ausscheiden, bei denen der Winkel der Kamera nur mit erheblichem und sichtbarem manuellen Aufwand, also eben nicht durch einen elektronischen Steuerungsmechanismus, auf das Nachbargrundstück gerichtet werden kann.
Die Installation der Kamera in diesem Fall verletzte nach Ansicht des Gerichts das allgemeine Persönlichkeitsrechts des Klägers. Er konnte daher einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch gegen seinen Nachbarn geltend machen.
lmb/LTO-Redaktion
AG Gelnhausen zu Videokameras in der Nachbarschaft: . In: Legal Tribune Online, 03.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54681 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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