AG Frankfurt am Main: 50 Stun­den­ki­lo­meter zu sch­nell wegen blu­tenden Fin­gers

29.05.2020

Eine Schnittverletzung am Finger ist eher selten lebensgefährlich. Wer nicht auf den Rettungswagen warten will und selbst ins Krankenhaus fährt, muss sich entsprechend an die Verkehrsregeln halten, entschied das AG Frankfurt am Main.

Auch wer wegen einer blutenden Fingerverletzung in eine Klinik fährt, muss sich laut einem Gerichtsurteil an bestehende Geschwindigkeitsbeschränkungen halten. Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat in einem nun veröffentlichten Urteil entschieden, dass in einem solchen Fall keine rechtfertigende Notstandssituation vorliegt (Urt. v. 22.03.2020, Az. 971 Owi 955 Js-OWi 65423/19).

Ein Autofahrer war der auf dem Weg ins Krankenhaus mit 80 statt der erlaubten 30 Stundenkilometer geblitzt worden. Er führte zu seiner Verteidigung aus, dass sich seine Ehefrau beim Kochen in den Zeigefinger geschnitten hatte und er sie deshalb ins Krankenhaus fahren wollte. Einige Monate zuvor habe sich bereits ein Vorfall ereignet, bei dem der wegen Unterleibsschmerzen der Ehefrau gerufene Rettungswagen erst nach rund 40 Minuten eingetroffen sei. Eine solche Wartezeit wollte der Mann nach eigenen Angaben nicht noch einmal riskieren. Die Wunde habe außerdem so stark geblutet, dass er sich – erschrocken über das Ausmaß – entschieden habe, erst gar keinen Rettungswagen zu rufen, sondern selbst ins Krankenhaus zu fahren.

Dafür muss der Mann nun einen Monat auf seine Fahrerlaubnis verzichten und 235 Euro Geldbuße zahlen. Zwar könne auch eine Ordnungswidrigkeit grundsätzlich durch Notstand gemäß § 16 OWiG gerechtfertigt sein, so das Gericht. In dem Fall scheide dies aber aus. Es habe schon keine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben der Ehefrau vorgelegen, weil weder ihr Tod noch eine sonstige Komplikation aufgrund der Verletzung ernsthaft zu erwarten waren. Zudem sei es zumutbar gewesen, einen Rettungswagen zu rufen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

AG Frankfurt am Main: . In: Legal Tribune Online, 29.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41763 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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