Ferienzeit ist für Lehrer immer Urlaubszeit, spöttelt der Volksmund. Dass das aber auch juristisch genau so zu verstehen ist, hat das VG Gelsenkirchen in einer aktuellen Entscheidung klargemacht.
Urlaubstage von Lehrkräften finden in den Schulferien automatisch statt. Es bedarf keines separaten Hinweises durch den Dienstherrn. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen entschieden, wie nun bekannt wurde (Urt. v. 25.05.2022, Az. 1 K 4290/20).
Eine verbeamtete Lehrerin aus NRW war im Sommer 2019 wegen Dienstunfähigkeit in den vorläufigen Ruhestand versetzt worden. Die seit 2010 schwerbehinderte Frau war dabei schon seit 2017 dienstunfähig erkrankt. Folglich sei es ihr nicht möglich gewesen, regulär ihren Urlaubsanspruch vollständig auszunutzen, so die Frau. Entsprechend beanspruchte sie die finanzielle Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage, die bis zu ihrem vorzeitigen Ruhestand noch übrig geblieben waren. Die zuständige Bezirksregierung des Landes war hingegen der Auffassung, ein solcher Anspruch stehe der Frau nicht zu, ihr Urlaubsanspruch sei schlicht verfallen.
Die Kammer entschied nun zugunsten der Bezirksregierung. Es bestehe schon kein Anspruch aus nationalem Recht, denn aus der einschlägigen Verordnung (§ 19a I S. 1 Verordnung über die Freistellung wegen Mutterschutz für Beamtinnen und Richterinnen, Eltern- und Pflegezeit, Erholungs- und Sonderurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Land Nordrhein-Westfalen (FrUrlV NRW)) ergebe sich, dass der Urlaubsanspruch schlichtweg verfallen ist. Die Bezirksregierung habe die Lehrerin auch nicht auf den drohenden Verfall hinweisen müssen, so das Gericht. Anders als die Frau argumentierte, ergebe sich auch aus europäischem Recht nichts anderes, so das Gericht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter auf den Verfall nicht genommener Urlaubstage hinweisen. Bei Lehrern hingegen verfällt der Urlaub nach Auffassung des VG mit den Schulferien automatisch.
Der Düsseldorfer Fachanwalt Robert Hotstegs, unter anderem spezialisiert auf das Beamtenrecht, bewertet das Urteil kritisch: "Das Gericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass Lehrer:innen-Urlaub automatisch in den Ferien stattfinde. Sozusagen unsichtbar." Damit werde der Gesundheits- und Arbeitsschutz unterlaufen, den die EU in Rechtsprechung wie Gesetzgebung immer besonders beachte.
Die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Münster ist zugelassen.
jb/LTO-Redaktion
VG Gelsenkirchen zu erkrankter Beamtin: . In: Legal Tribune Online, 08.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48986 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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