Kammergericht zu Interview mit Jérôme Boateng: Aus­sagen über Ex-Part­nerin Kasia Len­hardt zulässig

29.08.2024

Kasia Lenhardt ist tot, doch die Mutter der Ex-Freundin von Fußballer Jérôme Boateng führt den juristischen Kampf weiter. Vor dem KG Berlin wollte sie Äußerungen, die Boateng über ihre Tochter getätigt hatte, verbieten lassen – erfolglos. 

Fünf negative Äußerungen in einem Interview des früheren Nationalspielers über seine Ex-Freundin Kasia Lenhardt sind rechtlich zulässig, hat das Kammergericht (KG) in zweiter Instanz entschieden. Die Aussagen seien "nicht derart schwerwiegend", dass sie untersagt werden müssten, so der Richter (Urt. v. 29.08.2024, Az. 10 U 168/22).

Bereits im November 2022 hatte das Landgericht (LG) Berlin II entschieden, dass Boateng eine Aussage aus dem streitgegenständlichen Interview nicht weiter tätigen dürfe. Damit gab das LG allerdings nur einem von insgesamt sechs Anträgen statt und wies die Klage im Übrigen zurück. Zwar würden die Äußerungen teilweise das Lebensbild der Verstorbenen verzerren, allerdings nicht in erheblicher Weise. Gegen das Urteil hatte Lenhardts Mutter Berufung eingelegt und gewollt, dass Boateng auch zur Unterlassung der übrigen fünf Äußerungen verurteilt wird – jedoch ohne Erfolg.

In dem Interview hatte Boateng unter anderem behauptet, seine Ex-Freundin habe seine Beziehung zu seinen Kindern aus einer früheren Partnerschaft genutzt, um ihn zu erpressen. Zudem sprach er von Alkoholproblemen. Lenhardt war 2012 Finalistin bei "Germany's Next Topmodel" und später mit Boateng liiert. Das Interview erschien kurz nach der Trennung des Paares. Im Februar 2021 gab ihre Familie über einen Anwalt bekannt, dass Lenhardt tot sei. Die Polizei in Berlin bestätigte damals einen Einsatz bei einer leblosen Person, bei der es keine Anzeichen für eine Fremdeinwirkung gebe.

Äußerungen zwar verletzend, aber nicht verletzend genug

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das KG ausgeführt, dass die beanstandeten Äußerungen nicht den postmortalen Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzen würden. Dieser Anspruch, der sich aus der Menschenwürde aus Art. 1 Grundgesetz (GG) ergebe, schütze zwar auch nach dem Tod vor Herabwürdigungen oder Erniedrigungen. Der Schutzbereich sei aber enger als das nur für lebende Personen geltende allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

Für eine Verletzung des postmortalen Achtungsanspruchs müsse eine klare Verletzung der Menschenwürde vorliegen. Richter Oliver Elzer sagte, der Mutter sei es auch nach dem Tod ihrer Tochter um deren "Achtungsanspruch" gegangen. Die beanstandeten Äußerungen Boatengs könnten zwar "verletzend" sein, sie seien aber nicht "derart schwerwiegend" und "nicht derart grob verletzend", dass sie verboten werden müssten. Einen Anspruch gebe es entsprechend nicht.

Das Gericht hat ebenfalls eine Verletzung des postmortalen Geltungsanspruchs verneint. Hierfür hätte die Verstorbene zunächst ein "Lebensbild", also eine besondere Lebensleistung hinterlassen müssen, aus der ein besonderes öffentliches Ansehen erwächst. Ein solches Lebensbild habe die Rechtsprechung beispielsweise bei Marlene Dietrich oder Dr. Helmut Kohl angenommen. Bei der verstorbenen Tochter der klagenden Mutter hat das Gericht ein solches Lebensbild hingegen nicht gesehen, so das KG in seiner Mitteilung.

Boateng sieht das Interview inzwischen als Fehler an

Boatengs Sprecher Thomas Knipp sagte nach dem Urteil, man begrüße die Entscheidung, weil nun Ruhe in dem Rechtsstreit einkehre. Boateng wisse, dass das Interview ein großer Fehler gewesen sei, den er bedauere und für den er sich entschuldige. Boatengs Anwältin Stephanie Vendt hatte zuvor vor Gericht erklärt, der Fußballspieler beabsichtige nicht, die Äußerungen zu wiederholen.

Richter Elzer hatte in der mündlichen Verhandlung betont, es gehe nicht um Schuld und Unschuld oder wer was gemacht habe, sondern um die Frage, wie weit dürfe man sich in der Öffentlichkeit über andere äußern – mit der Besonderheit, dass die betroffene Person in diesem Fall kurz nach den Äußerungen gestorben sei.

Das Gericht hatte einen Vergleich vorgeschlagen. Danach hätte Boateng eine Unterlassungserklärung abgeben und die Mutter dafür die Kosten des aktuellen Verfahrens übernehmen müssen. Diese Einigung kam nicht zustande.

Zuletzt hatte ein Strafprozess gegen Boateng für Schlagzeilen gesorgt. Das Landgericht (LG) München I verwarnte ihn wegen vorsätzlicher Körperverletzung und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5.000 Euro unter Vorbehalt. Ähnlich wie bei einer Freiheitsstrafe auf Bewährung muss der 35-Jährige diese 200.000 Euro nur zahlen, sollte er gegen seine Auflagen verstoßen. Die Münchner Staatsanwaltschaft akzeptiert das Urteil allerdings nicht und hat bereits Revision eingelegt.

dpa/xp/LTO-Redkation

Zitiervorschlag

Kammergericht zu Interview mit Jérôme Boateng: . In: Legal Tribune Online, 29.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55299 (abgerufen am: 01.09.2024 )

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