Jones Day und Freshfields sind die Kanzleien mit der höchsten Präsenz in den Online-Medien. Aber sie kommen dabei am schlechtesten weg, zeigt eine Auswertung von Faktenkontor und der Wirtschaftswoche.
Die Kommunikationsagentur Faktenkontor hat für die Wirtschaftswoche untersucht, wie präsent die (laut dem Juve-Umsatzranking 2015/16) 50 umsatzstärksten Kanzleien Deutschlands in den wichtigsten Online-Medien sind. Man wollte herausfinden, wie oft die großen Law Firms dort überhaupt erwähnt werden – und ob die Berichterstattung eher positiv oder negativ ist.
Analysiert wurden zwischen Januar 2016 und Ende August 2017 die Publikumsmedien Zeit Online, FAZ.net, Handelsblatt online, Spiegel Online, sueddeutsche.de, Welt Online, Wirtschaftswoche Online und Focus Online sowie LTO als reichweitenstärkstes Online-Fachmedium für Juristen. Faktenkontor hat alle Beiträge ausgewertet, in denen mindestens eine der 50 Kanzleien genannt wurde. Insgesamt waren das im Untersuchungszeitraum 3.594 Artikel. Mit großem Abstand am meisten berichtete dabei mit 2.255 Beiträgen die LTO über die Kanzleien. Es folgt Handelsblatt Online mit 404 Beiträgen, in denen eine Kanzlei erwähnt wird.
Neben der Anzahl der Nennungen hat Faktenkontor auch untersucht, wie die Kanzleien in den jeweiligen Berichten weg kommen. Dabei wurde nach positiver, neutraler und negativer Tonalität der Beiträge unterschieden. Als positiv wurden etwa Nachrichten oder Berichte über Auszeichnungen und über gewonnene Prozesse bewertet oder wenn sich eine Kanzlei in einem speziellen Rechtsgebiet besonders hervorgetan hat. Negativ wirkten sich verlorene Prozesse und umstrittene Mandate aus, oder wenn die Kanzlei gar selbst in den Fokus der Justiz geraten ist, etwa weil ihre Anwälte verklagt wurden.
Jones Day, Freshfields und Linklaters mit besonders schlechtem Image
Das Ergebnis der Auswertung bezeichnet Faktenkontor-Chef Jörg Forthmann als "bedrückend". Obwohl er solche Erhebungen seit vielen Jahren in unterschiedlichen Branchen durchführt, hat er das, wie er sagt, "noch nie erlebt": Es gibt keinen Sieger. Sprich: Keine einzige Kanzlei kommt auf eine hohe Reichweite und hat zugleich eine vorwiegend positive Berichterstattung.
"Entweder haben die Kanzleien eine positive Berichterstattung, dann ist aber ihre Reichweite gering. Oder sie haben eine hohe Reichweite, aber in der Berichterstattung herrscht eine negative Tonalität vor", fasst Forthmann das Ergebnis der Auswertung zusammen.
Die beiden Kanzleien, die in den untersuchten Online-Medien am präsentesten sind, sind Jones Day und Freshfields Bruckhaus Deringer. Es sind zugleich aber auch diejenigen, die am schlechtesten abschneiden. Ihr "Tonalitätssaldo" (errechnet aus der Anzahl der Artikel mit positiver Tonalität abzüglich der negativ konnotierten Berichte geteilt durch die Zahl der Gesamtnennungen) ist negativ. Nur drei der untersuchten 50 Sozietäten haben einen solchen negativen Tonalitätssaldo: Jones Day, Freshfields und Linklaters.
Schlecht wirkten sich für Freshfields etwa die Berichterstattung über die umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte oder das DFB-Mandat aus. Bei Linklaters schlugen Berichte über die Vergewaltigungsvorwürfe gegen einen ehemaligen Partner negativ zu Buche. Und Jones Day stand wegen der Rolle als interner Ermittler im Zusammenhang mit dem Dieselskandal bei VW in der Kritik.
Reputations-Sieger dagegen sind die Kanzleien Becker Büttner Held (BBH), Pluta und Redeker Sellner Dahs. Für BBH spricht etwa ein Prozesserfolg gegen Eon – allerdings kam die Kanzlei insgesamt auf bloß zehn Nennungen. Über Pluta (16 Nennungen) und Redeker (21 Nennungen) wurde im Zusammenhang mit Auszeichnungen positiv berichtet. Redeker erzielte zudem Pluspunkte unter anderem für ihre Beratung im Spielhallenrecht.
Sieger gemessen an der schieren Reichweite ist dagegen Jones Day (410 Nennungen), gefolgt von Freshfields (254) und auf Platz 3 mit 156 Nennungen Clifford Chance. Hogan Lovells (151) und Gleiss Lutz (144) belegen die Ränge vier und fünf.
"Bedenkliche Kommunikationsstrategie"
Die Ergebnisse der Auswertung hält Forthmann mit Blick auf die Kommunikationsstrategie in den Kanzleien für bedenklich. Es gelinge ihnen nicht, ein positives Bild von sich zu vermitteln, etwa indem sie sich als Top-Berater für M&A-Transaktionen präsentieren. Und wenn die Berichterstattung schon negativ ist, schafften die Kanzleien es nicht, dem etwas entgegenzusetzen.
Allerdings wären die Sozietäten seines Erachtens gut beraten, es zumindest zu versuchen. "Andauernde Negativschlagzeilen prägen das Image einer Kanzlei und sind geschäftsschädigend", ist Forthmann überzeugt. Ein Mandant könnte noch einmal intensiver darüber nachdenken, ob er wirklich ein Folgemandat an eine Kanzlei vergeben will, über die ständig kritisch berichtet wird. Zumindest dürfte eine Mandatierung unternehmensintern schwieriger zu begründen sein.
Der Grund für die Misere ist laut Forthmann ein struktureller: "Kommunikation wird in den Kanzleien stiefmütterlich behandelt", beobachtet der PR-Berater. "Im Vergleich zu anderen Branchen sind die Abteilungen schlecht aufgestellt." Man könnte vermuten, dass die Rechtsanwaltskanzleien aus historischen Gründen so zurückhaltend kommunizieren. "Aber die Fesseln, die das Werbeverbot den Sozietäten anlegte, sind längst gefallen", sagt Forthmann. Seiner Erfahrung nach liegt das Problem an einer anderen Stelle: Ältere Partner halten es oft für schlicht unnötig, dass die Kanzlei in eine Kommunikationsabteilung investiert, "weil sie ihre Mandanten ja schon haben". Jüngere Partner stünden dem zwar meist aufgeschlossen gegenüber, könnten sich oft aber nicht durchsetzen.
An den Pranger stellen will Forthmann die Rechtsanwaltskanzleien mit dieser Auswertung nicht. Aber darauf hinweisen, dass es noch einiges zu tun gibt. "Es ist zu hoffen, dass solche Rankings und Auswertungen den Kommunikationsverantwortlichen in den Kanzleien Rückendeckung für ihre Arbeit geben", sagt er.
Anja Hall, Wirtschaftskanzleien in den Online-Medien: . In: Legal Tribune Online, 24.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26651 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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