Der M&A-Markt belebt sich, die Zahl der Transaktionen steigt und es werden höhere Kaufpreise erzielt als in den Vorjahren. Verkäufer und Käufer setzen zunehmend auf neue oder selten genutzte Instrumente der Transaktionsgestaltung, etwa die Stapled Insurance oder den Embedded Observer, berichten die M&A-Experten Dirk Oberbracht, Jörg Kirchner und Harald Selzner von der Kanzlei Latham & Watkins.
Der Markt für Fusionen und Übernahmen in Deutschland, aber auch international, zeigte sich 2014 deutlich lebendiger als in den Vorjahren – weil es einen gewissen Nachholeffekt am Markt gab. In den vergangenen Jahren haben Eigentümer ihre Assets aufgrund von Unterbewertung häufig zurückgehalten, zuletzt herrschte jedoch wieder mehr Optimismus. Das Kaufpreisniveau ist spürbar angestiegen, ebenso die Anzahl der Transaktionen.
Besorgniserregende Anzeichen, die auf einen insgesamt überhitzten Markt hindeuten, gibt es derzeit jedoch nicht. Vielmehr ist eine verstärkte Diversifizierung zu beobachten. Eine striktere Fokussierung auf Corporate-Governance-Standards ebenso wie - im Falle börsennotierter Gesellschaften – die erhöhte Aufmerksamkeit der Aktionärsseite, die sich durch Trends wie den sogenannten Shareholder-Aktivismus belegen lässt, erhöhen die Anforderungen an Vorstandshandeln auch im Kontext von M&A-Transaktionen.
Vorstände müssen Akquisitionsziele und -strategien mit größerer Sorgfalt prüfen, um ihren Pflichten nachzukommen und die Gefahr einer Vorstandshaftung zu bannen. 2014 waren insbesondere auf der Corporate-Seite Transaktionen aus einer Position der Stärke heraus zu beobachten. Viele deutsche Unternehmen verfügen über hohe Cash-Reserven, die sie für Transaktionen einsetzen können.
Doch gerade die enormen Barreserven haben die Konkurrenz um hochwertige Assets weiter angeheizt. Denn viele Unternehmen stehen unter Druck, die angehäuften Barmittel gewinnbringend zu investieren oder aber an Aktionäre auszuschütten – in Form einer Dividende oder durch Aktienrückkauf.
Transaktionsgestaltung im Wandel
Der Wettbewerb um gute Assets ist intensiv, zunehmend können die Veräußerer wieder Bedingungen für die Transaktion stellen. Daher kommen immer häufiger Instrumente wie "Stapled Insurance"-Lösungen oder "Early Stage Term Sheets" zur Anwendung. Beide zielen darauf ab, schon zu Beginn des Bieterverfahrens bestimmte Konditionen, etwa bezüglich des Haftungsregimes oder notwendiger Versicherungen, festzuschreiben.
Bei der Stapled Insurance trifft der Veräußerer bereits im Vorfeld des Bieterverfahrens erste Vereinbarungen mit einem Versicherungsanbieter, beispielsweise für eine “Representations and Warranties Insurance“. Bieter müssen in der Regel die Bereitschaft signalisieren, diese oder eine vergleichbare Versicherung einzugehen. Unter Early Stage Term Sheets wiederum versteht man einen Katalog von Transaktionskonditionen, der in der Frühphase des Bieterverfahrens herausgegeben wird. Potenzielle Käufer, die diese Anforderungen in großem Umfang akzeptieren, haben entsprechende Wettbewerbsvorteile im Bieterverfahren.
In den vergangenen eineinhalb Jahren hat auch die "Representations and Warranties Insurance" (RWI) beachtlich an Bedeutung gewonnen. Die RWI ist eine Gewährleistungsversicherung gegen Haftungsschäden im Falle einer Verletzung der vom Veräußerer vertraglich gegebenen Garantie oder Freistellungsverpflichtung.
Diese Haftungsversicherung ist vermehrt vom Käufer abzuschließen. Der Veräußerer ersetzt im Haftungsfall Schäden von teilweise nur einem Prozent des Verkaufserlöses, was insbesondere für Private-Equity-Gesellschaften von großer Bedeutung ist. Die Finanzinvestoren können auf diese Weise den Transaktionserlös in voller Höhe ausschöpfen, ohne daraus Rückstellungen für einen möglichen Haftungsfall bilden zu müssen.
Von Käuferseite wiederum wurden im vergangenen Jahr häufiger Mittel wie der "Embedded Observer" und "Pre-Closing Financing Support" eingefordert. Der Embedded Observer ist ein externer Beobachter, der in der Zeit zwischen Signing und Closing in der Zielgesellschaft die Einhaltung der vereinbarten Verhaltenspflichten (sogenannte Covenants) überwacht.
Unter Pre-Closing Financing versteht man die Gewährung gewisser Vorbereitungsmaßnahmen in der Zielgesellschaft für den Käufer, um die Akquisitionsfinanzierung zu sichern. Aufgrund eines zunehmend globalisierten Transaktionsmarkts verbreiten sich diese Instrumente schnell über die Ländergrenzen hinweg.
Viele Marktteilnehmer unterschätzen die Bedeutung dieser neuen Entwicklungen und Instrumente jedoch. Dabei sollten sich gerade Kaufinteressenten im Vorfeld damit auseinandergesetzt haben, um nicht während eines Bieterverfahrens unter Zeitdruck zu geraten oder Nachteile zu erfahren.
Mergers & Acquisitions 2015: . In: Legal Tribune Online, 08.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14304 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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