Weiterer Cum-Ex-Prozess ab 2020: Mit Hanno Berger erst­mals Rechts­an­walt auf der Ankla­ge­bank

17.12.2019

Am LG Wiesbaden wird im kommenden Jahr der zweite Strafprozess zu den Cum-Ex-Aktiendeals beginnen. Erstmals wird dabei auch ein Rechtsanwalt auf der Anklagebank Platz nehmen müssen.

Wie das Landgericht (LG) Wiesbaden am Dienstag mitteilt, hat die Wirtschaftsstrafkammer die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt zugelassen und das Hauptverfahren gegen sechs Angeklagte – einen Rechtsanwalt und fünf ehemalige Bank-Mitarbeiter - eröffnet. Die Verhandlungstermine sollen im ersten Quartal 2020 festgelegt werden (Az.: 6 KLs/1111 Js 27125/12).

Das Verfahren gegen die sechs Cum-Ex-Akteure ist seit 2012 anhängig. Im September 2017 hatte die Generalstaatsanwaltschaft Anklage erhoben und diese im Mai 2018 öffentlich gemacht. Wie die Ermittler damals mitteilten, handelte es sich bei den Angeschuldigten – und nun Angeklagten - um Dr. Hanno Berger, Andreas B., Paul Robert M., Michael G., Martin S. und Nicholas Gary D.

Der Steuerrechtler Berger, ehemals deutscher Managing Partner der inzwischen insolventen Kanzlei Dewey & LeBoeuf, gilt als einer der Hauptakteure bei den Cum-Ex-Geschäften. Er soll das Geschäftsmodell für eine Reihe von Banken und Finanzdienstleistern entwickelt haben. Bevor Berger Mitte der 1990er Jahre zunächst bei Pünder Volhard Weber & Axster, einer Vorgängerkanzlei von Clifford Chance, Rechtsanwalt wurde, hat er viele Jahre in der hessischen Finanzverwaltung gearbeitet. Am Ende seiner Beamtentätigkeit war er Regierungsdirektor. Er wirft den deutschen Behörden vor, ihn zu Unrecht zu verfolgen.

War Cum-Ex unmoralisch oder illegal?

Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den Staat über Jahre hinweg um Milliarden zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand ein Milliardenschaden. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.

Bisher ist nicht höchstrichterlich geklärt, ob Cum-Ex-Geschäfte nur moralisch fragwürdig oder auch illegal waren. Seit Anfang September dieses Jahres läuft der erste Strafprozess zu dem Komplex vor dem Landgericht (LG) Bonn. Dort hat bereits ein ehemaliger Großkanzleianwalt, der aus Bergers Umfeld stammen soll, ausgesagt und von Skrupellosigkeit und Gier unter den Beteiligten berichtet. Der Vorsitzende Richter, Roland Zickler, hat inzwischen in einer ersten Einschätzung durchblicken lassen, dass das Gericht die gezielte Mehrfacherstattung von Steuern als Straftat werte.

Unterdessen zieht der Cum-Ex-Skandal in der Anwaltschaft immer weitere Kreise: Ein ehemaliger Freshfields-Partner sitzt seit einigen Wochen in Untersuchungshaft; ihm wird daher Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgeworfen. Er soll in Gutachten die Rechtmäßigkeit der Cum-Ex-Geschäfte bestätigt haben. Vergangene Woche wurde bekannt, dass der Steuerrechtler Dr. Konrad Rohde Ende des Jahres von seinem Posten als Co-Managing-Partner von DLA Piper in Deutschland zurücktreten wird – aus "persönlichen Gründen", wie er sagte. Rohde hat eine berufliche Vergangenheit, die eng mit den Cum-Ex-Transaktionen verknüpft ist: Er hat lange Jahre eng mit Berger zusammengearbeitet.

ah/LTO-Redaktion

mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Weiterer Cum-Ex-Prozess ab 2020: . In: Legal Tribune Online, 17.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39275 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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