Nach Kündigung von Anne Brorhilker: Tim Engel ist neuer Cum-Ex-Che­fer­mittler

03.05.2024

Vor kurzem wurde bekannt, dass die bisherige Chefermittlerin im Cum-Ex-Steuerskandal, Anne Brorhilker, ihren Posten aufgibt. Jetzt steht ihr Nachfolger fest: Oberstaatsanwalt Tim Engel. Mit dem Themenkomplex Cum-Ex kennt er sich schon aus.

Oberstaatsanwalt Tim Engel wird neuer Chefermittler für die Cum-Ex-Steuerbetrugsfälle und damit Nachfolger von Anne Brorhilker. Das hat der nordrhein-westfälische Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Freitag bekanntgegeben. Der 50-Jährige ist Hauptabteilungsleiter für Wirtschaftskriminalität bei der Staatsanwaltschaft Köln. Brorhilker werde ihn jetzt bis zu ihrem Ausscheiden in einem Monat einarbeiten.

Tim Engel

Engel ist seit 20 Jahren als Staatsanwalt tätig. Zwischen Januar 2020 und Februar 2023 war er an das Justizministerium NRW abgeordnet und dort für das Sachgebiet Wirtschaftsstrafrecht zuständig. Mit dem Themenkomplex Cum-Ex ist er deshalb bereits vertraut.

Anne Brorhilker hatte am Montag der vergangenen Woche um ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten. Nach zwölf Jahren gab die Oberstaatsanwältin damit die Ermittlungen gegen Cum-Ex-Steuerbetrüger ab. Brorhilker hatte die politische Aufarbeitung des milliardenschweren Steuerskandals scharf kritisiert. Dem WDR sagte sie: "Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird." Dies lasse sich in einem Satz zusammenfassen: "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen." Steuerdiebstähle seien längst nicht gestoppt, es gebe Cum-Ex-Nachfolgemodelle. 

Staat wurde um zweistelligen Milliardenbetrag geprellt

In rund 120 Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde in Köln unter Brorhilkers Führung gegen 1.700 Beschuldigte ermittelt. Die Staatsanwaltschaft ist bundesweit federführend bei der Aufarbeitung des Skandals, der als größter Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik gilt.

Durch den Cum-Ex-Betrug mit illegalen Aktiendeals, der seine Hochphase von 2006 bis 2011 hatte, wurde der deutsche Staat schätzungsweise um einen zweistelligen Milliardenbetrag geprellt. Dabei wurden Papiere mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenansprüche in kurzer Zeit zwischen Finanzakteuren hin- und hergeschoben. Am Ende erstattete der Fiskus Banken, Aktienhändlern und Beratern unwissentlich Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Erst mit einer zum Januar 2012 greifenden Gesetzesänderung wurde diesen Deals ein Riegel vorgeschoben.

Den Vorwurf der Opposition, Brorhilker sei nicht ausreichend unterstützt worden, wies Limbach zurück. Mit vier zusätzlichen Dezernenten-Stellen für Staatsanwälte sei ihrem Wunsch nach mehr Personal voll entsprochen worden. Die Stellen seien sogar noch schneller besetzt worden als zugesagt.

Dass die Ermittlung mit ihrem Ausscheiden ins Stocken geraten könnte, befürchte Brorhilker nicht. "Ich habe das Gefühl, dass die Strafverfolgung wirklich in guten Händen ist", sagte sie.

dpa/cho/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Nach Kündigung von Anne Brorhilker: . In: Legal Tribune Online, 03.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54484 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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