Lego gewinnt Markenrechtsstreit in China: Stein auf Stein im Reich der Mitte

Gastbeitrag von Dr. Eike Fesefeldt

25.03.2020

China gilt nicht gerade als Ort, an dem es sich lohnt, geistige Eigentumsrechte durchzusetzen. Der Spielzeughersteller Lego hat dort jedoch wichtige juristische Siege im Kampf gegen Nachahmer errungen, berichtet Eike Fesefeldt.

"Made in China" gilt vielen Menschen als Synonym für ein günstig abgekupfertes Produkt, oft hergestellt aus minderwertigen Materialien. Nachgemacht wird alles, was nachgemacht werden kann: Kleidung, Elektronik und Spielzeug. Insbesondere europäische und nordamerikanische Unternehmen können von der ungenügenden Durchsetzung des geistigen Eigentumsschutzes in China berichten. Vor allem der Onlinehandel, über den gefälschte Produkte Jahr um Jahr effektiver verbreitet werden, stellt die größte Herausforderung dar.

Aber handelt es sich bei China wirklich um den (Marken- und Urheber-) rechtsfreien Raum, als der das Land oft abgestempelt wird? Häufig wird bemängelt, dass der Rechtsraum China keine praktischen Rechtsdurchsetzung bereithalte und die fälschenden Firmen gleichzeitig kein Unrechtsbewusstsein hätten. Neben systematischer staatlicher Protektion und Korruption bestehe eine weitere Schwierigkeit bei der rechtlichen Durchsetzung von Ansprüchen: Die strenge Formalistik chinesischer Gerichte.

Theoretisch gibt es umfassenden Rechtsschutz

Rein theoretisch bietet China allerdings umfassenden rechtlichen Schutz gegen Diebstahl von geistigem Eigentum. Die Volksrepublik stellt unzweifelhaft alle rechtlichen Instrumente bereit, etwa Abwehr-, Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche sowie strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten.

Das Land ist Mitglied der World Intellectual Property Organization (WIPO), und es hat die wesentlichen internationalen Abkommen abgeschlossen. Es gibt ein umfassendes rechtliches nationales Regelwerk, dass sich etwa in Marken-, Urheber- und Patentrecht untergliedert. Daneben wurden spezielle Gerichte für Rechtsfragen um geistiges Eigentum errichtet. Im Januar 2017 novellierte China sein Markengesetz zum vierten Mal und belegte damit, dass es sich letztendlich an die internationalen Gesetze und Rechtsvorschriften anpasst.

Lego kämpft an allen Fronten, und vor allem gegen Lepin

Die dänische Firma Lego ist immer wieder Opfer von chinesischen Nachahmern und gleichzeitig äußerst umtriebig, sich gegen diese und andere Mitbewerber zu verteidigen. Bis zum EuGH zog das Unternehmen etwa, weil es den geistigen Schutz seiner Bausteine verteidigen wollte, was aber letztlich misslang. Das Design der Steine ist insoweit nicht mehr geschützt. Verboten dagegen ist, sich als Lego auszugeben oder bestehende Sets zu kopieren. Daneben beschäftigt der Spielzeughersteller auch in Deutschland Abmahnanwälte.

Im Unterschied zu vielen Mitbewerbern auf dem Spielzeugmarkt versucht das Unternehmen auch in China, den Schutz von geistigen Eigentumsrechten durchzusetzen. Es gibt mehrere chinesische Firmen, die Lego-Produkte dreist nachahmen. Als juristischen Hauptwidersacher haben sich die Dänen die Shantou Meizhi Model Co. ausgesucht, die früher unter der Marke Lepin auftrat.

Die Lepin-Produkte wurden für etwa ein Zehntel des Preises der Originalware von Lego angeboten und waren über den Internethandel leicht erhältlich. Selbst Verpackung, Minifiguren und Logos wurden wenig kreativ kopiert. Lepin warb offensiv damit, dass die Steine zu 100 Prozent kompatibel mit Lego-Steinen seien. Die Firma nannte die bekannte Produktlinie Lego City einfach in Lepin Cities um und verwendete Ninjasaga statt Ninjago oder Star Wnrs statt Star Wars. Das wollte Lego nicht hinnehmen und ging sowohl straf- als auch zivilrechtlich gegen Lepin vor.

Erfolgreich auf Unterlassung und Schadensersatz geklagt

Am 20. Januar 2020 verkündete Lego stolz, dass es zivilrechtlich einen "major intellectual property lawsuit” gegen Lepin in China gewonnen habe. Genauer gesagt wurde Lepin in einem Berufungsverfahren vor dem Guangzhou Intellectual Property Court verurteilt, das Kopieren und Verkaufen von "geklonten" Lego-Sets zu unterlassen. Das Urteil ist laut einer Pressemitteilung von Lego rechtskräftig.

In erster Instanz war Lepin im November 2018 vom Bezirksgerichts Guangzhou Yuexiu verurteilt worden, das Kopieren und den Verkauf von 18 Bausätzen zu unterlassen. Zudem musste Lepin eine Geldstrafe an Lego entrichten. In einem weiteren, bereits im Juli 2017 entschiedenen Fall wurden das Logo und die Wortmarke des Spielzeugherstellers aus Dänemark von einem Pekinger Gericht als in China "bekannte" Marken eingestuft.

Auch ein Strafverfahren läuft noch

Für größeren Aufruhr sorgte die strafrechtliche Seite des Rechtsstreits gegen Lepin. Im April 2019 gab die chinesische Regierung bekannt, dass die Polizei Razzien in drei Lepin-Fabriken in den südchinesischen Städten Shantou und Shenzhen durchgeführt hatte. Dabei seien 650.000 Sets sichergestellt worden, die, wären es echte Lego-Sets gewesen, einen Marktwert von 30 Millionen US-Dollar gehabt hätten.

Daneben konfiszierte die Polizei nach Regierungsangaben 200.000 Aufbauanleitungen und ebenso viele Verpackungen. An mehr als zehn Fließbändern seien 90 Produktserien hergestellt worden. Die Herstellungsgeräte seien von der Polizei vernichtet worden, damit die Firmen nicht weiter produzierten, sobald die Ermittler die Fabriken verlassen. Vier Mitglieder des Fälscherrings seien festgenommen worden. Das Strafverfahren selbst ist noch nicht abgeschlossen. Lego lässt mitteilen, dass es auch weiterhin eng mit den chinesischen Strafverfolgungsbehörden mitarbeiten will.

Mehr als Symbolik?

Die Rechtsstreitigkeiten, die Lego in China führt, haben in erster Linie Symbolcharakter. Das Unternehmen will signalisieren, dass es nicht kampflos aufgeben wird. Lepin war nur eine von mehreren Firmen, welche die beliebten Lego-Produkte 1 zu 1 nachmachten.

Aktuell sind die chinesischen Behörden darum bemüht, ein günstiges Geschäftsumfeld für multinationale Unternehmen zu schaffen. Die Rechtsstreitigkeiten von Lego sind insoweit im Kontext des seit 2018 anhaltenden Handelskriegs zwischen den USA und China zu sehen. Unter massivem Druck der USA hatte Peking wiederholt ein schärferes Vorgehen gegen Produktpiraterie angekündigt. Insbesondere wurden bereits Reformen angestoßen, die nicht nur theoretisch bleiben, sondern auch die Struktur der Gerichte ändern sollen, die sich mit geistigem Eigentum befassen. Es bleibt abzuwarten, wohin dieser Weg führen wird.

Was die Rechtsstreitigkeiten gegen Lepin angeht, scheint diese Marke tatsächlich nicht mehr zu existieren. Aber mittlerweile ist klar: Die dahinterstehende Firma machte schon kurz danach weiter, diesmal unter den Namen King und Nuogao. Dennoch sind die juristischen Erfolge von Lego beeindruckend. Vielleicht widmet der Spielzeughersteller seinen Juristen aus Dankbarkeit eine eigene Kollektion, z.B. "Lego Lawyers" oder "Lego Legal" - mit Gerichtssaal, Richtern, Urkundsbeamten, Wachtmeistern und verschiedenen Anwälten. Und bitte den Staatsanwalt nicht vergessen!

Der Autor Dr. Eike Fesefeldt arbeitet als Staatsanwalt. Er ist als Trial Lawyer vom Land Baden-Württemberg an den Internationalen Strafgerichtshof abgeordnet. Die in dem Text genannten Ansichten spiegeln allein seine persönliche Meinung wider.

Zitiervorschlag

Lego gewinnt Markenrechtsstreit in China: . In: Legal Tribune Online, 25.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40973 (abgerufen am: 08.11.2024 )

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