Google darf nicht auf einen Bericht verlinken, der den falschen Eindruck erweckt, ein Unternehmen sei des Betruges verdächtig. Der Beschluss des OLG München ist der erste in einem solchen Fall und wurde von der Kanzlei LHR erwirkt.
Mit dem Oberlandesgericht (OLG) München hat erstmals ein Gericht Google wegen unwahrer Tatsachenbehauptungen verboten, innerhalb seiner organischen Suche ein bestimmtes Suchergebnis zu veröffentlichen und auf die damit verknüpfte Seite zu verlinken (Beschl. v. 27.4.2015, Az. 18 W 591/15).
Gab man den Namen eines bestimmten Unternehmens in Kombination mit dem Wort "Betrugsverdacht" bei google.de ein, erschien in der Ergebnisliste ein Link zu einem Blogeintrag, der die Äußerung enthielt: "Betrugsverdacht, Staatsanwalt ermittelt" sowie einen Hinweis auf das Geschäftsmodell des Unternehmens. Auch das "Snippet", also der bei Google angezeigte Textauszug aus der Webseite, enthielt eine Passage, dem dieser Aussagegehalt entnommen werden konnte.
Die tatsächlich durchgeführten staatsanwaltlichen Ermittlungen betrafen jedoch ein erheblich weniger schwerwiegendes Wirtschaftsdelikt, welches die Prospekthaftung bei Kapitalanlagen betrifft, jedoch anders als ein Betrug weder eine vorsätzliche Täuschung noch einen Schaden voraussetzt.
Das Unternehmen hatte Google mehrmals außergerichtlich aufgefordert, das Suchergebnis zu löschen. Darauf hatten die Suchmaschinenbetreiber jedoch nicht bzw. lediglich mit aus Textbausteinen bestehenden E-Mails reagiert.
OLG erließ einstweilige Verfügung
Nachdem das Landgericht (LG) München den Antrag noch zurückgewiesen hatte, erließ das OLG nun die einstweilige Verfügung. Das Suchergebnis und das Snippet verletzten das Unternehmerpersönlichkeitsrecht der Antragstellerin und seien daher zu unterlassen.
Zusammen mit der verlinkten Internetseite enthielten sie eine Tatsachenbehauptung und keine Meinungsäußerung. Zwar könne der rechtliche Fachbegriff "Betrug" auch als bloße Rechtsauffassung verstanden werden. Doch im Kontext des Berichts verstehe der durchschnittliche Leser, dass in diesem Fall Kunden beweisbar geschädigt worden seien und die Staatsanwaltschaft deswegen ermittle.
Diese Behauptung sei unwahr und rufschädigend. Denn der Unterschied zwischen den beiden Delikten sei erheblich. Dabei hoben die Münchener Richter hervor, dass in diesem Fall nie der Verdacht bestanden habe, das Unternehmen habe Anleger gezielt getäuscht oder gar geschädigt. Bereits die Verbreitung von Werbemitteln mit potenziell irreführenden Informationen reiche aus, um den Tatbestand zu erfüllen.
Für die Verbreitung und Verlinkung hafte Google jedenfalls als Störerin wegen der Verletzung ihrer Prüfpflichten. Spätestens, nachdem der Betroffene unmissverständlich auf den konkreten Rechtsverstoß aufmerksam gemacht hatte, hätte Google das Snippet sowie den Link sperren müssen.
Arno Lampmann, Partner der Kölner Medienrechtskanzlei LHR, hat das Unternehmen im Streit mit Google vertreten. Soweit bekannt ist es die erste gerichtliche Entscheidung zu unwahren Tatsachenbehauptungen in organischen Suchergebnissen ist. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.
Lampmann Haberkamm & Rosenbaum für das Unternehmen
Arno Lampmann, IP, Partner, Köln
Lampmann Haberkamm & Rosenbaum: . In: Legal Tribune Online, 11.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15810 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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