Klaus Kapellmann zum Fünfundsiebzigsten: "Alte Leute sind nicht gut für eine Praxis"

von Dr. Anja Hall

12.12.2017

Begonnen hat er als Einzelanwalt in Mönchengladbach, heute trägt eine Kanzlei mit 130 Anwälten seinen Namen. Am 12. Dezember wird Klaus Kapellmann 75 Jahre alt. Sein Erfolgsrezept: strategisch denken und nicht egoistisch sein.

Professor Dr. Klaus Kapellmann versteht - das sagt er selbst über sich - von vier Dingen etwas: Borussia Mönchengladbach, Wein, Vogelbeobachtung und Baurecht. Dabei ist er, dessen Name heute quasi ein Synonym für das Baurecht ist, überhaupt nur durch Zufall zu diesem Rechtsgebiet gekommen. Als junger Anwalt, mit 26 Jahren, arbeitet er zunächst als Strafrechtler – "das Langweiligste überhaupt", wie er heute sagt. Er wollte damals vor allem beweisen, dass er ein hervorragender Jurist ist, und das schien ihm im Strafrecht nicht möglich.

Als Klaus Kapellmann sich dann am 1. März 1974 mit seiner eigenen Sozietät in Mönchengladbach selbstständig macht, stellt er nüchtern fest: Anwälte gibt es mehr als genug, die meisten davon beraten im Bereich Feld, Wald und Wiese. Doch der Kanzleigründer ist ehrgeizig. Er sucht nach einer Nische, einer Spezialisierung. Er analysiert kurzerhand die Fälle, die zu Gericht kommen und stellt fest, dass die häufigsten Prozesse, nämlich 30 Prozent, Baurechtsstreitigkeiten sind. Offensichtlich eine lohnenswerte Materie und zugleich ein damals noch rechtswissenschaftlich weitgehend unbearbeitetes Feld.

Der junge Anwalt vertieft sich in die Materie, erarbeitet sich Spezialwissen und veröffentlicht schließlich gemeinsam mit dem Bauingenieur Karl-Heinz Schiffers die beiden Bände Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, heute ein Klassiker des Baurechts. "Das Buch wurde sehr erfolgreich und hat die Kanzlei unheimlich nach vorne gebracht", erinnert sich Kapellmann. Das ist eine klare Untertreibung, denn heute kommt niemand, der sich mit dem Baurecht befasst, an dem Namen Kapellmann vorbei. Das Kanzleiranking Who's Who Legal bezeichnet Klaus Kapellmann gar als "Urahn des deutschen Baurechts".

Mit freundlicher Unterstützung des BGH

Dass aus Kapellmanns kleiner Kanzlei am Niederrhein mit einer Handvoll Anwälten aber eine bundesweit tätige Sozietät wurde – dabei half letztlich der Bundesgerichtshof (BGH) mit, indem er 1988 das Zweigstellenverbot aufhob. "Aus heutiger Sicht war es naiv, aber wir dachten damals: Warum sollen wir die schönen OLG-Prozesse in Düsseldorf anderen überlassen?", sagt Kapellmann. 1990 eröffneten die Anwälte deshalb ihre erste Zweigstelle in der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens, weitere Standorte in Berlin, Hamburg, Frankfurt, München und zuletzt in Brüssel folgten.

Später erkannten Kapellmann und seine Mitstreiter, dass die Beratung bei Großprojekten viel lukrativer ist als die Prozessvertretung - und sie wurden auch in diesem Feld aktiv. Kaum ein Großbauvorhaben im Nachwende-Deutschland, das ohne die Anwälte der Sozietät ablief. In den 1990er Jahren betreuten die Kapellmänner Neubauvorhaben des Mitteldeutschen Rundfunks MDR mit einem Projektvolumen von rund einer halben Milliarde Euro. Später erteilten sie Rechtsrat beim Neubau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, beim Bau der ICE-Strecke zwischen Frankfurt und Köln, und sie vertraten Stadt Köln beim Einsturz des Stadtarchivs.

Schlimmstes Mandat: Der Schürmann-Bau

Auch beim skandalumwitterten Schürmann-Bau in Bonn begleitete die Kanzlei eine der beteiligten Baufirmen. "Mein schlimmstes Mandat", erinnert sich Kapellmann und schüttelt heute noch, mit vielen Jahren Abstand, entsetzt den Kopf. Denn ein Hochwasser beschädigte den Rohbau des Architekten Johannes Schürmann, der einmal die Büros der Bundestagsabgeordneten beherbergen sollte. Das Bauwerk schwamm buchstäblich auf und hob sich teilweise um bis zu siebzig Zentimeter.

In der Folge entbrannte ein heftiger Rechtsstreit zwischen der Bundesrepublik Deutschland als Bauherrin und den Bauunternehmen. Die Kontrahenten stritten sich bis zum BGH. Im November 2007, 14 Jahre nach dem Hochwasser, einigte man sich, nun wieder beim Landgericht Bonn angekommen, auf einen Vergleich. Der Bund hatte ursprünglich 200 Millionen Euro Schadensersatz gefordert, gezahlt wurden rund 43 Millionen.

Zitiervorschlag

Anja Hall, Klaus Kapellmann zum Fünfundsiebzigsten: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25969 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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