Zweiter Anlauf in Rechtsbeugungs-Fall beim LG Hagen: Rich­terin mit "Blo­c­kade" muss ins Gefängnis

07.05.2024

Das Gefühl einer "totalen Blockade" ging bei einer Richterin so weit, dass sie letztlich ihre Akten nicht mehr bearbeitete und teilweise verfälschte. Das LG Hagen musste nun neu über die Strafzumessung entscheiden.

Das Landgericht (LG) Hagen hat eine Richterin wegen Rechtsbeugung in zehn Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie in sechs Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Die Frau war als Richterin am Amtsgericht Lüdenscheid tätig. Dort hatte sie sich derart blockiert gefühlt, dass sie mehrere Akten gar nicht mehr bearbeitete und teilweise die fristgerechte Urteilsabsetzung durch Verfügungen und Vermerke vortäuschte. Nicht mehr bearbeitete Akten wurden 2020 bei einer Durchsuchung der Wohnung der Frau gefunden. Sie lagerten in einem Karton im Keller. Die Frau gab an, die Akten besonders gut bearbeiten zu wollen, jedoch nicht dazu gekommen zu sein. Zwar befand sich die Frau in psychotherapeutischer Behandlung, jedoch nahm die sachverständig beratene Kammer im ersten Durchgang keine verminderte Schuldfähigkeit an und verurteilte die Frau zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten.

Prokrastination ist keine Krankheit

Vor etwa elf Monaten war der Fall bereits beim Bundesgerichtshof (BGH). Dort entschied der 4. Strafsenat, dass die Verurteilung in der Sache zwar der revisionsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich stand hält. Jedoch sah der Senat in sechs Fällen die Tatbegehung nicht in einem aktiven Tun seitens der Richterin, sondern in Form von Unterlassen. Deshalb wurde das erstinstanzliche Urteil des LG Hagen im Strafausspruch aufgehoben. Das LG Hagen reduzierte die Strafe laut der lokalen Medien come-on.de und radio hagen nun um zwölf Monate auf zwei Jahre und zehn Monate Freiheitsstrafe.

Die Verteidigung hatte sich insoweit offenbar erhofft, die Strafe unter zwei Jahre zu bringen, sodass eine Aussetzung zur Bewährung möglich gewesen wäre (§ 56 Abs. 2 Strafgesetzbuch, StGB). Dafür sollte eine verminderte Schuldfähigkeit der Frau festgestellt werden, was ein Sachverständiger indes erneut mit der Begründung ablehnte, die Prokrastination der Frau sei keine Krankheit.

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Zweiter Anlauf in Rechtsbeugungs-Fall beim LG Hagen: . In: Legal Tribune Online, 07.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54500 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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