Bremen hat eine Verstärkung von Polizei und Justiz in den EncroChat-Verfahren beschlossen, um die siebenfach erhöhte Zahl an Fällen im Bereich der organisierten Kriminalität zu bewältigen.
Der Bremer Senat hat am 2. November 2021 auf Initiative von Innensenator Ulrich Mäurer und Justizsenatorin Dr. Claudia Schilling einem deutlichen temporären Ausbau der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und dem Landgericht zugestimmt. Damit wird die Ermittlung und Strafverfolgung in den sogenannten EncroChat-Verfahren, die den Behörden bislang einzigartige Einblicke in die Strukturen der Schwerstkriminalität in Bremen und Bremerhaven liefern, gestärkt.
Hintergrund: Häfen als Umschlagort für Kriminalität
Ende Juni konnten laut Pressemitteilung niederländische und französische Ermittlerinnen und Ermittler in Zusammenarbeit die Kommunikation von rund 60.000 EncroChat-Nutzer und -Nutzerinnen entschlüsseln. Insgesamt ergaben sich dabei 4.500 Hinweise auf in Deutschland betriebene Handys. Allein 500 davon konnten Bremen zugeordnet werden. Ein Grund für die Häufung seien die stadtbremischen Häfen in Bremerhaven, die als einer der zentralen Umschlagsorte für Waffen, Kokain und andere Betäubungsmittel für den deutschen beziehungsweise nordeuropäischen Raum gelten.
Stand heute hätten sich aus dem entschlüsselten Datenbestand in Bremen 143 Ermittlungsverfahren ergeben. Es gehe dabei vor allem um Waffen-und Drogenhandel im großem Stil. Am Landgericht Bremen seien aktuell sieben der 13 Strafkammern mit EncroChat-Verfahren befasst. Zunächst war die Zulässigkeit als Beweismittel im Strafverfahren umstritten, mittlerweile sei jedoch allein in Bremen in vier Fällen ein Urteil gesprochen worden. Insgesamt wurden in den angeklagten Ermittlungsverfahren bereits rund 2,9 Millionen Euro sichergestellt.
Verfahren stellen Justiz vor Herausforderung
Für die Zukunft sei zudem mit einem weiteren deutlichen Anstieg der Zahl der Verfahren zu rechnen, denn die nächsten entschlüsselten Daten eines weiteren Kryptohandy-Anbieters wurden angekündigt, so Innensenator Mäurer. Die Datenmenge soll dabei viermal höher als bei den EncroChat-Verfahren sein.
Die Justiz habe jetzt schon durch die EncroChat-Verfahren ungefähr sieben Mal mehr Fälle im Bereich der organisierten Kriminalität zu bearbeiten als bisher. "Die Verstärkung bei der Staatsanwaltschaft und am Landgericht ist daher dringend nötig und geboten", so Schilling.
Durch den heutigen Senatsbeschluss kann nun unter anderem eine zusätzliche Abteilung zur Bearbeitung der EncroChat-Verfahren bei der Staatsanwaltschaft eingerichtet werden, zudem wird am Landgericht eine "EncroChat-Kammer" gebildet, wobei auch zusätzliche Wachtmeister für die Sicherheit der Verfahren sorgen werden. Gleichwohl bliebe es dabei, dass die Justiz auch darüber hinaus dringend Unterstützung benötige, um die hohe Arbeitsbelastung zu bewältigen.
cp/LTO-Redaktion
Ermittlungen in Bremen: . In: Legal Tribune Online, 03.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46544 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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