Die Veränderungen des Rechtsmarkts sind auch für die Rechtspflege relevant. Dabei geht es um mehr als nur den elektronischen Rechtsverkehr und die E-Akte. Aktuelle Entwicklungen waren Thema auf dem diesjährigen EDVGT in Saarbrücken.
Wie verändert Künstliche Intelligenz die Arbeit von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten? Wo kommen Daten für Machine Learning her? Und werden Gesetze künftig als Algorithmen verabschiedet? Das waren nur einige der Fragen, die auf dem 31. EDV-Gerichtstag (EDVGT) in Saarbrücken diskutiert wurden.
Die immense Bedeutung von Legal Tech und Künstlicher Intelligenz war auch in Saarbrücken Thema. Gerade durch die Verfügbarkeit digitaler Justizdaten würden diese Entwicklungen weiter an Dynamik gewinnen, wie Dr. Anke Morsch, Vorsitzende des EDVGT berichtete. Auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sieht die an Künstliche Intelligenz gekoppelte Digitalisierung als "Schlüssel zur Zukunft der Justiz", während Dr. Ulrich Wessels sich für die Rechtsstaatlichkeit digitaler Abläufe stark machte.
Ein Beispiel, das auf der Tagung diskutiert wurde, sind die in den USA genutzten Risikoberechnungsalgorithmen "COMPAS", die die Rückfallwahrscheinlichkeit von Straftäterinnen und -tätern ermitteln und von Gerichten im Rahmen von Bewährungsentscheidungen berücksichtigt werden – und zwar ohne dass der Algorithmus öffentlich ist. Dieser wird von privaten Unternehmen als Geschäftsgeheimnis gehütet.
Der "Justiz-Datenschatz"
Auch die Digitalisierbarkeit von Gesetzen war auf dem EDVGT Thema. Professor Heribert Anzinger erläuterte das Ideal digital vollzugstauglicher Gesetze und wie diese zukünftig durch Anreicherung mit Metainformationen maschinenlesbar werden könnten. Er ging aber auch auf die derzeit bestehenden technischen Grenzen ein und plädierte für Pilotprojekte in diesem Bereich.
Vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrages der Ampelregierung, nach dem Gerichtsentscheidungen grundsätzlich in anonymisierter Form in einer Datenbank öffentlich und maschinenlesbar verfügbar sein sollten, wurde die "Nutzbarmachung des Justiz-Datenschatzes" diskutiert. Stefanie Otte, Präsidentin des OLG Celle, mahnte dabei an, dass es nicht zu einem "Wettrüsten" zwischen Justiz und Legal-Tech-Unternehmen kommen dürfe. Vielmehr müssten Lösungen gemeinsam entwickelt werden. Auch die IT-Sicherheit war dabei wieder Thema auf dem EDVGT.
ast/LTO-Redaktion
EDV-Gerichtstag 2022: . In: Legal Tribune Online, 19.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49660 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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