Für Verfahren gegen einen Asylbewerber: Baye­ri­scher Amts­richter lässt Kreuz abhängen

18.01.2018

Am AG Miesbach hat ein Richter das Kreuz in seinem Gerichtssaal abgehängt. Nach wütenden Reaktionen verteidigt er seine Entscheidung.

Für ein Verfahren gegen einen jungen Asylbewerber aus Afghanistan hat ein Richter am Amtsgericht (AG) Miesbach das Kreuz im Gerichtssaal abhängen lassen. Das Gericht bestätigte am Donnerstag entsprechende Medienberichte. Diesen zufolge soll der 21-jährige Angeklagte mit den Taliban sympathisiert haben. Zudem soll er angeblich einem afghanischen Landsmann mit dem Tod gedroht haben, weil dieser Christ geworden war und am Sonntag in die Kirche ging.

In Bayern ist es üblich, dass im Gerichtssaal ein Kreuz hängt. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1973 entschieden, dass ein Kreuz im Gerichtssaal den Angeklagten in seinem Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzen kann und gegebenenfalls abgehängt werden muss (Beschl. v. 17.07.1973, Az. 1 BvR 308/69).

Der Richter erklärte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, er habe dem jungen Afghanen zeigen wollen, dass in einem Rechtsstaat die Religion nicht über den Gesetzen stehe. Er habe sich Gedanken gemacht, wie er den Mann dazu bringen könnte, von der Vorstellung eines Dschihads zwischen Christen und Islamisten abzurücken: "Da hielt ich es nicht für opportun, dass ich unter dem sichtbaren Kreuz ihn verurteile."

Richter: "Weder Kreuz noch Kopftuch – auch nicht im Gerichtssaal"

Das bayerische Justizministerium ist der Auffassung, Kreuze im Gerichtssaal verstießen nicht gegen die Pflicht des Staates zu religiös-weltanschaulicher Neutralität. Soweit sich Verfahrensbeteiligte dadurch aber in ihrer Glaubensfreiheit beeinträchtigt fühlten und ein Verhandeln unter dem Kreuz für sie eine unzumutbare innere Belastung darstelle, entscheide das jeweilige Gericht darüber, ob die Verhandlung ohne Kreuz stattfinden könne.

Die Haltung von Justizminister Winfried Bausback (CSU) ist allerdings umstritten. Die CSU will das Bayerische Richtergesetz ändern und dabei auch das Kopftuch für Richterinnen verbieten – Kreuze im Gerichtssaal sollen jedoch erlaubt bleiben. Ob diese Regelung einer Überprüfung in Karlsruhe stand hält, bleibt abzuwarten.

Auch angesichts der bevorstehenden Gesetzesänderung verteidigte der Miesbacher Richter sein Vorgehen: Dem Bayerischen Rundfunk sagte er, wenn "weder Kreuz noch Kopftuch offen von Richtern in der Verhandlung getragen werden sollen, halte ich es auch nicht für richtig, dass religiöse Symbole in den Gerichtssälen hängen." Am Amtsgericht seien allerdings bereits wütende Anrufe und böse Mails eingegangen.

aka/LTO-Redaktion

mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Für Verfahren gegen einen Asylbewerber: . In: Legal Tribune Online, 18.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26561 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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