Die Familienzuschläge für Berliner Richter waren zwischen 2011 und 2020 zu niedrig bemessen. So sieht es jedenfalls das VG Berlin. Ob die geringe Besoldung auch verfassungswidrig war, hat nun – wieder einmal – das BVerfG zu entscheiden.
Richter und Richterinnen mit drei und vier Kindern wurden in den Jahren zwischen 2011 und 2020 vom Land Berlin nicht ausreichend vergütet. Zu dieser Einschätzung kam die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin, nachdem die Klagen zweier Richterinnen gegen die Familienzuschläge eingegangen waren. Das VG hat nun dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Vergütung mit Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) vereinbar ist.
Richter sowie Staatsanwälte erhalten monatlich ein Grundgehalt nach der sogennanten R-Besoldung. Hinzu kommen Familienzuschläge, deren Höhe insbesondere von der Anzahl der Sprösslinge abhängig ist. Dass Beamte und Richter mit ihren Familien lebenslang amtsangemessen alimentiert werden müssen, leitet sich aus Art. 33 Abs. 5 des GG ab.
Berlin hat BVerfG-Rechtsprechung nicht eingehalten
Das BVerfG hat bereits 2020 in Bezug auf die Richterbesoldung in Nordrhein-Westfalen entschieden, dass die Zuschläge ab dem dritten Kind hierbei um mindestens 15 Prozent über der sozialen Grundsicherung liegen müssen (Beschl. v. 04.05.2020, Az. 2 BvL 6/17 u.a). So solle sichergestellt werden, dass sich Richter nicht zwischen einer amtsangemessenen Lebensführung und einer Familie entscheiden müssten, argumentierte der zweite Senat damals.
In dem Berliner Fall kamen die Klagen von einer Amtsrichterin mit drei Kindern, die nach der Besoldungsstufe R1 bezahlt wird und einer Richterin am Landgericht mit vier Kindern, die bis 2017 nach R1 und seit einer Beförderung nach R2 bezahlt wird. Nach deren Vorbringen war auch das VG überzeugt davon, dass die für das dritte und vierte Kind gewährte zusätzliche Nettoalimentation nicht einmal die Summe der Leistungen, die ein Grundsicherungsempfänger für seine Kinder erhalte, erreiche. Damit sei erst recht nicht der verfassungsrechtlich geforderte Aufschlag von 15 Prozent erreicht.
Da sich der alimentationsrechtlichen Bedarf am grundsicherungsrechtlichen Bedarf orientiert, hat das VG umfangreiche Tabellen zur Berechnung des Bedarfs in den Jahren 2011 bis 2020 zugrundegelegt. Sollte das BVerfG seine Rechtsprechung nun auch für die Besoldung der kinderreichen Berliner Richter aufrechterhalten, stünden den betroffenen Richterinnen und Richtern voraussichtlich Nachzahlungen von etwa 2000 Euro bis 3500 im Jahr zu.
Richterbesoldung unzureichend?
Zunächst war auch die familienbezogene Besoldung im Jahr 2021 Gegenstand der Klagen. Aufgrund einer deutlichen Erhöhung des Familienzuschlags für kinderreiche Familien in diesem Jahr war der verfassungsrechtlich gebotene Abstand zur Grundsicherung nach den Berechnungen des Gerichts jedoch gewahrt. Die Klägerinnen nahmen daher für das Jahr 2021 ihre Klagen zurück.
Ob Richter genug verdienen, ist immer wieder Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Das BVerfG hat 2020 bereits entschieden, dass die Grundbesoldung der Berliner Richter zwischen 2009 und 2015 evident unzureichend und damit verfassungswidrig war. Und auch im benachbarten Bundesland Brandenburg klagen die Richter über zu niedrige Gehälter. Eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit steht hier ebenfalls noch aus.
Insbesondere in Hinblick auf den ohnehin schon bestehenden Nachwuchsmangel in der Justiz, ist Handlungsbedarf bei der Vergütung wohl nicht zu leugnen.
lmb/LTO-Redaktion
Das BVerfG muss entscheiden: . In: Legal Tribune Online, 01.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53311 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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