Auch mit einem neuen Versuch, einen Kalender mit nackten Frauen zu verschicken, ist ein Anwalt aus dem Rheinland gescheitert. Mit Kunst hat das nichts zu tun, befand das LG Köln. Und bescheinigte ihm eine Begründung "fernab von Sachargumenten".
Der anwaltlichen Welt mag das Thema des Urteils verwirrend bekannt erscheinen. Und in der Tat: Es ist derselbe Anwalt aus Brühl und es sind wieder Kalender mit Bildern mehr oder weniger nackter Frauen, die er verschicken wollte. Und wieder darf er das nicht, wie Anfang Mai bekannt wurde. Dieses Mal stellte das das Landgericht (LG) Köln im Rahmen eines Deckungsrechtstreits mit dem Rechtsschutzversicherer des streitbaren Rheinländers fest.
Nachdem ihm das Kölner Anwaltsgericht Anfang 2015 untersagt hatte, einen bunten Kalender mit Pinup-Girls zu Werbezwecken zu verschicken, erwarb der Advokat 30 neue Kalender, dieses Mal in schwarz-weiß gehalten und mit Bildern, die, in den Worten des LG Köln, "womöglich etwas weniger 'direkt' sind" als die Bilder des ersten Kalenders. Er versah sie mit einer Kopflasche, die auf seine Kanzlei verwies, und verschickte auch sie an Autowerkstätten.
Die Kölner Anwaltskammer ist durchaus an Rechtsstreitigkeiten mit dem Brühler gewöhnt, der seine Handlungen häufig selbst anzeigt, um eine berufsrechtliche Beurteilung zu erreichen. Bis zum Bundesverfassungsgericht, das ihm wie zuvor schon der Bundesgerichtshof nicht Recht gab, schafften es seine Tassen mit sog. Schockwerbung. In diesem Fall aber hatte die Kammer genug, sie gab das Verfahren zuständigkeitshalber an den Generalstaatsanwalt ab, weil sie davon ausging, dass eine Rüge nicht mehr ausreiche. Bereits im August hatte die Generalsstaatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn eingeleitet. Sie geht von einem bewussten Verstoß gegen das berufsrechtliche Werbeverbot und die Entscheidung des Anwaltsgerichts aus.
Die Verteidigung in dem Verfahren wird der Anwalt nun selbst zahlen müssen. Seine Rechtsschutzversicherung muss keine Deckung übernehmen, weil er den Versicherungsfall mit der Versendung der Kalender vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt und seine Verteidigung keine Aussicht auf Erfolg habe, so das LG Köln in seiner kurzen, aber recht deutlichen Entscheidung (Landgericht Köln, Urt v. 23.03.2017, Az. 24 S 22/16). Insgesamt kann ihn das Verfahren teuer zu stehen kommen.
LG: Argumentation "fernab von Sachargumenten"
Das vom Generalstaatsanwalt angedrohte Strafmaß von 8.000 Euro, auf das der Anwalt nach Informationen der LTO-Redaktion fast schockiert reagiert haben soll, hält das Gericht für in Anbetracht seiner Hartnäckigkeit angemessen. Seine Argumentation im bisherigen Verfahren belege, dass es ihm nicht mehr um eine objektive Auseinandersetzung gehe, sondern er sich bemühe, "fernab von Sachargumenten das von ihm gewollte Ergebnis zu begründen", so die 24. Zivilkammer.
Auch der neue Kalender überschreite die Grenzen von § 43 b Bundesrechtsanwaltsordnung, die dem Anwalt Werbung nur erlaubt, soweit sie über seine berufliche Tätigkeit sachlich unterrichtet. Die Bilder in dem Kalender hätten aber mit der Tätigkeit des Advokaten rein gar nichts zu tun, sondern sollten durch die Darstellung von Sexualität ausschließlich die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen.
Eine Berufung auf die von ihm bemühte Kunstfreiheit verweigern die Kölner Richter dem Fachanwalt für Versicherungs- und Medizinrecht. Indem er die Kopflasche mit dem Hinweis auf seine Kanzlei anbrachte, habe er nicht künstlerisch tätig werden, sondern schlicht Werbung machen wollen. "Das künstlerische Motiv ist nur vorgeschoben", die Kunstfreiheit wolle der Anwalt "nur als Vehikel missbrauchen", heißt es in den Gründen der Entscheidung. Dabei nimmt die Kammer auch Bezug auf die Geschehnisse um den ersten Kalender Bezug.
Der Brühler könne die - möglicherweise an sich künstlerisch wertvollen – Bilder auch gern verbreiten. Er dürfe sie, so das Gericht, eben nur nicht mit der Lasche mit dem Hinweis auf seine Kanzlei versehen.
Das Verfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft ist nach LTO-Informationen noch immer anhängig, weil der Anwalt schon zwei Kammern als befangen abgelehnt hat. Aber es könnte eines der letzten sein, das die Kölner führen müssen: Der Anwalt hat seinen Sitz jetzt offiziell in Frankfurt. Nach LTO-Informationen lebt und praktiziert er zwar weiterhin in Brühl bei Köln, in Frankfurt hat er aber ein virtuelles Office. Für zukünftige Verfahren sind damit die hessischen Anwälte und Richter zuständig.
Pia Lorenz, Dem LG Köln wirds zu nackt: . In: Legal Tribune Online, 12.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22911 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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