Mitt Romney, Newt Gingrich oder gar der libertäre Ron Paul? Wer tritt für die Republikaner gegen US-Präsident Barack Obama an? Am Dienstag beginnen die Vorwahlen, endgültig nominiert wird der Herausforderer bei einem Parteitag im Sommer. Heiko Holste erklärt, wieso es 2012 so früh los geht, weshalb die Wähler in Kalifornien Pech haben und warum Iowa unbekannten Kandidaten gut tut.
Jetzt wird es ernst für die sieben Republikaner, die Barack Obama herausfordern und US-Präsident werden wollen. Nach einem monatelangen Wahlkampf und siebzehn TV-Debatten beginnt am Dienstag die Vorwahl-Saison, und der Auftakt erfolgt traditionell im US-Bundesstaat Iowa. Dort, im mittleren Westen der USA, wo sich die Zivilisation vor allem in der Monokultur riesiger Mais-Felder zeigt, werden die Weichen für die Präsidentschaftswahlen im November 2012 gestellt.
Ganz offiziell nominiert die Republikanische Partei ihren Präsidentschaftskandidaten erst Ende August bei einem Parteitag. De facto entscheiden das Rennen aber schon die Vorwahlen, bei denen die Parteitagsdelegierten bestimmt werden.
Die Vorwahlsaison nimmt die Nominierung vorweg
2286 Delegierte werden in Tampa, Florida, zur national convention zusammenkommen. Wie viele Vertreter jeder Bundesstaat schicken darf, richtet sich nach seiner Bevölkerungsgröße. Staaten, in denen die Republikaner besonders stark sind und Senatoren, Gouverneure und andere Wahlämter besetzen, bekommen einen Bonus. Die Republikaner aus Iowa etwa, einem kleinen Staat, der eher demokratisch wählt, schicken nur 28 Vertreter zum Parteitag. Texas dagegen, einwohnerstark und konservativ, sendet 155 Delegierte.
Das Abschneiden eines Präsidentschaftskandidaten bei der Vorwahl bestimmt, wie viele seiner Repräsentanten aus einem Staat zum Parteitag fahren. Durch die Kopplung von Delegiertenverteilung und Vorwahlergebnis wird die Entscheidung des Parteitages schon vorweg genommen: Ein Kandidat, der während der Vorwahl-Saison mehr als 1144 Delegierte für sich gewinnen kann, ist faktisch bereits nominiert.
Mit Primary oder Caucus zum Parteitag
In den meisten Bundesstaaten führen die Republikaner eine Primary durch, also eine Vorwahl, bei der die Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur auf dem Stimmzettel stehen. Nach Schließung der Wahllokale werden die Stimmen zusammengezählt, der Sieger ermittelt und am Wahlabend die Delegierten des Bundesstaates verteilt.
In 17 Staaten findet dagegen ein Caucus statt. Das ist eine örtliche Mitgliederversammlung der Partei, bei der nur informell über die Präsidentschaftskandidaten abgestimmt wird. Bundesstaatsweit zusammengezählt ergibt sich zwar auch ein Stimmungsbild hinsichtlich der Bewerber, aber Delegierte für den nationalen Parteitag werden beim Caucus noch nicht verteilt.
Dessen Aufgabe ist vor allem die Wahl von Delegierten zu den nächsthöheren Kreisparteitagen. Die treten dann einige Wochen später zusammen und wählen ihrerseits wieder Vertreter für den Bundesstaatsparteitag. Erst dort werden dann die Delegierten für die national convention bestimmt, und deren Verteilung muss keineswegs mehr dem Stimmungsbild vom Caucus entsprechen. Ein Sieg beim Iowa-Caucus am 3. Januar hat daher vor allem psychologische Bedeutung. Der Auftakt-Erfolg kann einem Kandidaten Schubkraft für die nächsten Vorwahlen geben, die spätere Verteilung der wenigen Delegierten Iowas ist dagegen nachrangig.
Offene oder geschlossene Votings und jede Menge Tricks
Wer an Primary und Caucus teilnehmen darf, ist in den Bundesstaaten unterschiedlich geregelt. Häufig wird zwischen geschlossenen und offenen Abstimmungen differenziert, je nachdem, ob nur registrierte Parteimitglieder oder jedermann teilnehmen darf. Tatsächlich sind die Regelungen aber vielfältiger.
Iowa etwa führt zwar einen geschlossenen Caucus durch. Weil man sich aber noch am Abend der Versammlung für eine Partei registrieren lassen kann, ist die Teilnahme faktisch nicht beschränkt.
In New Hampshire dagegen, wo am 10. Januar die erste Primary stattfindet, erfolgt zwar eine halb-offene Vorwahl, bei der auch Wähler teilnehmen können, die für keine Partei registriert sind. Wer aber seine Partei wechseln will, hätte dies schon bis Mitte Oktober tun müssen. Mit solch langen Wechselfristen versuchen die Parteien, sich vor einer Unterwanderung durch politische Gegner zu schützen.
Von 1.000 Doller bis 10.000 Unterschriften: Die Kandidatur
Nicht nur der Kreis der Wähler variiert je nach US-Bundesstaat, auch die Zahl der Kandidaten ist verschieden. Insgesamt gibt es 130 Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur. Als ernsthafte Bewerber gelten aber nur jene, die sich für die landesweit übertragenen TV-Debatten qualifizieren konnten.
Dazu mussten die Kandidaten in mehreren Meinungsumfragen ein Minimum von 1 Prozent Zustimmung bekommen. Nur sieben Bewerber konnten am Ende diese Hürde nehmen: Michele Bachmann, Newt Gingrich, Jon Huntsman, Ron Paul, Rick Perry, Mitt Romney und Rick Santorum. In New Hampshire, wo die einzige Hürde, um auf dem Stimmzettel zu erscheinen, eine Kandidatengebühr von 1000 Dollar ist, treten immerhin 33 Kandidaten an.
Prohibitiv hoch sind dagegen die Hürden in Virginia. Dort müssen Kandidaten 10.000 Unterschriften sammeln, wobei aus jedem der 11 Kongresswahlkreise des Staates mindestens 400 stammen müssen. Daran scheiterten selbst Top-Kandidaten wie Gingrich und Perry. Wenn am 6. März in Virginia gewählt wird, stehen voraussichtlich nur Romney und Paul auf dem Stimmzettel.
Zeitlich gestaffelte Vorwahlen: Wer in Kalfornien wohnt, hat Pech
Statt eine nationale Vorwahl durchzuführen, bei der überall zur gleichen Zeit abgestimmt wird, schwören die Amerikaner auf ein zeitlich gestaffeltes System. Es soll allen Kandidaten ermöglichen, auch mit geringen Mitteln einen Anfangserfolg in einzelnen Staaten zu erzielen und dann schrittweise nationale Unterstützung zu gewinnen. Dagegen hätten bei einer nationalen Vorwahl nur Kandidaten eine Chance, die schon landesweit bekannt sind oder sich einen flächendeckenden Wahlkampf leisten können.
Tatsächlich hätte Barack Obama, vor vier Jahren noch ein weithin unbekannter Senator, bei einer nationalen Vorwahl wohl keine Chance gegen die populäre Hillary Clinton gehabt. Sein Auftakt-Sieg in Iowa beflügelte seine Kampagne und zerstreute letzte Zweifel an den Siegchancen eines Afro-Amerikaners.
Trotzdem ist der gestaffelte Vorwahlkalender stark umstritten, denn die Wähler haben dadurch unterschiedlich großen Einfluss. In Iowa und New Hampshire sind die Präsidentschaftskandidaten seit Monaten auf Tingeltour und schauen selbst in den verschlafensten Nestern vorbei. Wer dagegen in Kalifornien wohnt, hat Pech. Im größten Bundesstaat findet die Vorwahl erst im Juni statt, wenn das Rennen meist schon gelaufen ist; dort bekommen die Wähler nie einen Kandidaten zu Gesicht, denn ihre Stimme hat keinen Einfluss mehr auf die Nominierung.
Kein Wunder, dass der Zeitplan auch in diesem Jahr wieder zu heftigem Streit geführt hat. Nach dem Willen der nationalen Parteiführung sollten die Vorwahlen erst im Februar beginnen. Aber Florida rebellierte dagegen und legte seine Primary auf den 31. Januar. Weil sich die regulären early states nicht ausbooten lassen wollten, findet der Iowa-Caucus nun schon am 3. Januar statt, New Hampshire (10. Januar) und South Carolina (21. Januar) folgen. Sie alle – wie auch Florida – verlieren wegen dieser Verletzung der Parteistatuten die Hälfte ihrer Delegierten.
Amerika vor dem Super-Tuesday?
Ein wichtiger Vorwahl-Tag wird der 6. März werden, wenn in gleich 11 Bundesstaaten gewählt wird. Ob dies allerdings ein vorentscheidender Super-Tuesday wird, ist in diesem Jahr völlig offen, denn die neuen Parteistatuten der Republikaner verlangen, dass bei allen Urnengängen vor dem 1. April die Delegierten auf die einzelnen Kandidaten proportional nach deren Stimmanteil verteilt werden.
Beim alten winner-takes-it-all-Prinzip erhielt der Sieger sämtliche Delegierten eines Bundesstaates; vor vier Jahren war das Rennen deshalb schon im März zu Gunsten von John McCain entschieden. Diesmal könnte der Wettstreit bei den Republikanern etwas länger dauern.
Und wie sieht es bei den Demokraten aus? Dort ist Barack Obama völlig unangefochten. Seine Nominierung beim Parteitag Anfang September in Charlotte, North Carolina, ist reine Formsache. Er braucht sich nicht mit innerparteilicher Konkurrenz auseinanderzusetzen, und kann seine Energien auf den 6. November 2012 konzentrieren. Dann können alle Amerikaner entscheiden, ob Obama vier weitere Jahre im Amt bleibt oder von einem Republikaner abgelöst wird.
Der Autor Dr. Heiko Holste ist Jurist und Gastwissenschaftler an der Georgetown University in Washington. Er untersucht den amerikanischen Vorwahlkampf.
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US-Präsidentschaftswahlen: . In: Legal Tribune Online, 03.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5218 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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