Von bösen Schwiegerkindern und der Ehe als Geschäftsgrundlage: Mit einem aktuellen Urteil weicht der BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Schwiegerelternzuwendung ab. Entscheidend ist nun, wie lange das eigene Kind von der Schenkung an seinen Partner profitiert hat, bevor die Ehe scheiterte.
Die Konstellation ist nicht selten: Eltern überweisen ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn zur Anschaffung einer Eigentumswohnung auf deren gemeinsames Konto 100.000 Euro. Mit diesem Eigenkapital und einem Bankkredit erwerben sie die Immobilie. Als die Ehe nach fünf Jahren scheitert, verlangen die Eltern von ihrem Schwiegersohn 50.000 Euro zurück. Sie hätten ihm nur ein Darlehen gewährt. Dieser meint, "geschenkt sei schließlich geschenkt"; außerdem sollten sie sich nicht in das Scheidungsverfahren einmischen, das am Familiengericht als Ehesache (!) anhängig sei.
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Schwiegerkind bisher Recht. Er wickelte derartige Zuwendungen zwischen den Ehegatten ab, indem er sie als Schenkung der Eltern an das eigene Kind und anschließende Zuwendung zwischen den Ehegatten einstufte. Über den Zugewinnausgleich erhielt das Kind die Hälfte des Geldbetrages zurück. Im Ergebnis bedeutete dies, dass von der Zuwendung der Eltern 75.000 Euro beim eigenen Kind verbleiben und 25.000 Euro das Schwiegerkind behalten konnte.
Allgemein formuliert: Das eigene Kind profitierte von Schenkungen der Eltern zu drei Vierteln, das Schwiegerkind zu einem Viertel. Nur wenn dieses Ergebnis besonders ungerecht war, konnte der gesamte Betrag vom eigenen Kind zurückgefordert werden. Beispiele sind die Einräumung von Miteigentum an einem behindertengerecht gebauten Haus und ein hoher Schaden bei Übertragung eines Unternehmens.
Der BGH ist nun (Urt. v. 03.02.2010, XII ZR 189/06, noch nicht veröffentlicht) in einer Grundsatzentscheidung von dieser Rückabwicklung der Schwiegerelternzuwendungen abgewichen. Er geht von einer unmittelbaren Schenkung an das Schwiegerkind aus. Diese erfolgt in der Erwartung, dass die Ehe zwischen dem eigenen Kind und dessen Partner fortbesteht und das eigene Kind somit an dem Geschenk weiterhin partizipiert. Scheitert die Ehe, fällt gleichzeitig die Grundlage der Schenkung weg.
Mehr Stellvertreterkriege zu erwarten
Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Schenkung automatisch zurückzuerstatten wäre. Es kommt vielmehr darauf an, ob und wie lange das eigene Kind mit in den Genuss der Schenkung kam. Wohnte es längere Zeit mit seinem Ehepartner in der angeschafften Wohnung, besteht nur eine teilweise Rückerstattungspflicht. Die Einzelheiten sind allerdings noch offen.
Es wird aufgrund der neuen Rechtsprechung häufiger zu Stellvertreterkriegen im Zusammenhang mit der Scheidung kommen, wenn Schenker Zuwendungen vom bösen Schwiegerkind zurückfordern. Prozessual kann dies seit dem 1. September 2009 im Scheidungsverfahren beim Familiengericht erfolgen. Damit können die güterrechtliche und die sonstige Vermögensauseinandersetzung einheitlich durchgeführt werden.
Steuerrechtlich sind Schenkungen an das Schwiegerkind wenig empfehlenswert. Der Freibetrag für sämtliche Zuwendungen innerhalb von zehn Jahren beträgt lediglich 20.000 Euro. Für darüber hinausgehende Beträge fallen 30 Prozent Steuer an. Gleichzeitig besteht eine Meldepflicht für derartige Zuwendungen.
Auch zivilrechtlich bietet die neue Rechtsprechung keine Sicherheit dafür, dass Zuwendungen bei einer Scheidung in voller Höhe zurückerstattet werden. Wollen die Eltern dies erreichen und Steuern vermeiden, sollte die Schenkung an das eigene Kind erfolgen. Schenkt es einen Teil der Zuwendung an seinen Ehegatten weiter, sollte es sich ein Rückforderungsrecht für den Fall des Scheiterns der Ehe vorbehalten.
Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Autor zahlreicher Fachpublikationen u.a. im Familienrecht
Herbert Grziwotz, Schwiegerelternzuwendung: . In: Legal Tribune Online, 21.04.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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