Nachdem Demonstranten mehrfach israelische Flaggen angezündet haben, fordern Innenpolitiker schärfere Gesetze. George Andoor erklärt, wie eine entsprechende Regelung aussehen könnte und wann das Verbrennen heute schon strafbar ist.
Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die US-Botschaft dorthin zu verlegen, hat weltweit teils heftige Reaktionen ausgelöst. Bei Protesten vor der US-Botschaft in Berlin am Freitagabend kam es zur Verbrennung von israelischen Fahnen. Auch am Sonntag wurde bei einer Kundgebung in Berlin eine israelische Flagge angezündet.
Die Bundesregierung hat das Verbrennen israelischer Flaggen bei Anti-Israel-Protesten am Wochenende in Berlin scharf verurteilt. "Wer israelische Fahnen in Brand steckt, verbrennt unsere Werte", sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).
Innenpolitiker von CDU, SPD und Grünen forderten bereits, eine Strafrechtsverschärfung zu prüfen. "Nachdem das Verbrennen oder Zerstören von mitgebrachten ausländischen Flaggen bei Demonstrationen oder Versammlungen nicht strafbar ist, halte ich eine Änderung des Strafrechts für dringend erforderlich", sagte etwa der innenpolitische Sprecher der CDU/-CSU-Fraktion im Bundestag Stephan Mayer der Rhein-Neckar-Zeitung.
Deutsche Nationalflaggen: Verunglimpfen ist verboten
Allgemein strafbar ist gem. § 90a Abs. 1 Nr. 2 StGB lediglich das öffentliche Verunglimpfen der Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder – grundsätzlich fällt darunter auch die entsprechende Flagge zu verbrennen.
Flaggen ausländischer Staaten werden dagegen nach § 104 StGB (Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten) nur dann geschützt, wenn sie auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigt werden, letzteres etwa bei Sportwettbewerben oder Tagungen. Wenn Flaggen aber bei Protesten von Demonstranten mitgebracht und anschließend verbrannt werden, fällt das nicht unter den Tatbestand.
Dass deutsche und ausländische Flaggen unterschiedlich behandelt werden, hat durchaus Gründe. § 90a StGB schützt nämlich nicht etwa die "Staatsehre" des Bundes und seiner Länder, sondern vielmehr den Bestand der Bundesrepublik Deutschland und die verfassungsmäßige Ordnung im weiten Vorfeld potentieller staatsgefährdender Bemühungen. Ziel der Vorschrift ist es, zu vermeiden, dass sich überhaupt ein Umfeld herausbilden kann, in dem sich eine gegen die Existenz des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats gerichtete, staatsfeindliche Gesinnung etablieren kann.
Ausländische Flaggen: Es geht auch um die diplomatischen Beziehungen
§ 104 StGB dagegen erfasst besondere Fälle tätlicher Beleidigungen gegen ausländische Staaten und schützt damit vor allem die Ehre dieser Staaten. Die Vorschrift steht im gleichen Abschnitt wie die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten gem. § 103 StGB – der es in der "Causa-Böhmermann" zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hat und zu Beginn des neuen Jahres außer Kraft tritt.
Damit soll die Vorschrift zum einen den ausländischen Staat schützen, zum anderen dient sie aber auch dem Interesse der Bundesrepublik an ungestörten Beziehungen zu ausländischen Staaten. Durch die ungestrafte Verletzung ausländischer Flaggen und Hoheitszeichen könnten die Beziehungen zu den betroffenen Staaten nämlich erheblich beeinträchtigt werden.
Damit erklären sich auch die besonderen Strafverfolgungsvoraussetzungen, die in § 104a StGB normiert sind: gegenseitige diplomatische Beziehungen mit dem betroffenen Staat, die Verbürgung der Gegenseitigkeit, ein Strafverlangen der ausländischen Regierung sowie die Ermächtigung der Bundesregierung zur Strafverfolgung. Eine Gegenseitigkeit im Sinne der Vorschrift ist dabei erst dann gegeben, wenn eine im Wesentlichen entsprechende Norm des anderen Staates existiert, die auch tatsächlich angewandt wird.
Besonderer Schutz für israelische Flaggen?
Wenn nunmehr also darüber diskutiert wird, ob die Verunglimpfung ausländischer Flaggen über § 104 StGB hinaus unter Strafe gestellt werden sollte, kommt eine bloße Erweiterung des § 90a StGB jedenfalls nicht in Betracht. Sie verbietet sich schon aufgrund seiner systematischen Stellung im Unterabschnitt "Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates", was bei einer Verbrennung ausländischer Flaggen kaum gegeben sein dürfte.
Denkbar wäre damit – neben der Einführung einer völlig neuen Strafvorschrift, etwa im Rahmen der Beleidigungsdelikte – allenfalls eine Angleichung des § 104 StGB an § 90a Abs.1 Nr. 2 StGB. So könnte ein neuer Absatz in § 104 StGB eingeführt werden, der künftig bestimmt: "Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften die Flagge eines ausländischen Staates, ihre Wappen oder ihre Hymne verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft".
Tatsächlich könnte in dem Kontext auch über einen isolierten Schutz der israelischer Hoheitssymbole, einschließlich der Nationalflagge, nachgedacht werden. Jedenfalls mit Blick auf die besondere Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und ihrer daraus erwachsenden besonderen Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk dürfte ein derartiger besonderer Schutz durchaus zu rechtfertigen sein.
Dass Hoheitssymbole einzelner Staaten durchaus besonders geschützt werden können, wird auch durch § 125 Abs. 2 OWiG belegt. Nach der Vorschrift stellt das unbefugte Benutzen des Wappens der Schweizerischen Eidgenossenschaft nämlich eine Ordnungswidrigkeit dar, auch wenn hiermit freilich ein völlig anders gearteter Schutz – nämlich der des Genfer Neutralitätszeichens – verfolgt wird.
Nach anti-israelischen Ausschreitungen: . In: Legal Tribune Online, 14.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26033 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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