Zu viel Kritik an seiner Politik: Innen­mi­nister in Sachsen mahnt Jura­pro­fessor ab

von Tanja Podolski

05.04.2016

2/2: Gütetermin gescheitert – Hausaufgaben für das Ministerium

Der Professor klagt gegen die Abmahnung: Der aktuelle Streit mündete am Montag in dem Gütetermin vor dem ehemaligen Arbeitsgericht (AG) Görlitz, das seine Rechtsantragstelle zwar noch in Görlitz hat, mittlerweile aber zum Bautzner AG gehört. Dabei waren zwei Volljuristen aus dem Innenministerium und dem Landesamt für Finanzen zugegen, einem Vergleich sollten sie ausdrücklich nicht zustimmen. "Aber wie hätte der auch aussehen sollen?", fragt Berthold.

Nun wird es zum Kammertermin kommen, der für den 23. Juni angesetzt ist. Bis dahin muss er Freistaat aber erst einmal weiter vortragen: Die zuständige Richterin hat dazu aufgefordert, detailliert darzulegen, welche Äußerung konkret welche Dienstpflicht verletzt haben soll und wie diese Äußerungen im Spiegel der Grundrechte eine Verletzung darstellen könnten. Außerdem muss das Innenministerium gefordert, zur Verhältnismäßigkeit der Abmahnung vorzutragen. Abstrakt denkbar wäre eine wirksame Abmahnung schon – die Hinweise der Richterin lassen indes darauf schließen, dass die Voraussetzungen bisher jedoch nicht vorgetragen sind.

Danach ist Berthold noch mal dran mit  schriftlichem Vortrag. Er hält die Abmahnung für unwirksam. Für den Anwalt sind die Facebook-Äußerungen des Professors rein privater Natur – auch, wenn sie öffentlich einsehbar seien. Müller habe die Kommentare in einem privaten Raum getätigt und es stelle sich ohnehin die Frage, warum das Innenministerium die private Facebook-Seite von Müller untersuche. Die anderen Aussagen des Polizei- und Verkehrsrechtlers seien ohnehin wissenschaftlicher Art und damit von den Grundrechten gedeckt. Dass ein Professor und Experte sich äußere, liege in der Natur der Sache.

Abzuwägen sind also die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber mit der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit des Juristen. Müller  ist, anders als manch anderer Professor an der sächsischen Hochschule, nicht verbeamtet. Er steht in einem ganz normalen Angestelltenverhältnis zu der Hochschule, die allerdings dem Innenministerium unterstellt ist.

Müller Spitzenkandidat für Personalrat

Der Verhaltenskodex ergebe sich gleichwohl aus der VwV-Dienstordnung, teilt Dr. Harald Kogel, Rektor der Hochschule der Sächsischen Polizei mit. In Nummer 41 ist dort zu lesen: "In privaten Abhandlungen und privaten Vorträgen über Themen aus einem dienstlichen Aufgabengebiet darf nicht der Eindruck erweckt werden, die vom Verfasser vertretene Auffassung sei eine amtliche Stellungnahme." Darüber hinaus soll es keine Vorschriften zum Umgang mit Medien geben.

Einiges  von dem Streit könnte nach den Plänen der Polizeigewerkschaft Sachsen (DPolG) ohnehin bald in weite Ferne rücken. Die hat Müller nämlich als Spitzenkandidaten auf die Liste der Arbeitnehmer bei den in diesem Jahr anstehenden Personalratswahlen gesetzt. Müller ist seit Jahren Autor für den  Bundes- und Landesteil des Polizeispiegels der DPolG. Nach dem Führungswechsel in der DPolG Sachsen Mitte 2015 wurde er Mitglied. "Herr Prof. Müller ist ein sehr fähiger, durchaus kritischer und dennoch sehr geachteter Lehrer der Fachhochschule Rothenburg", sagt Cathleen Martin , Landesvorsitzende DPolG Sachsen. " Er steht für unsere Angestellten ein, wenn deren Anliegen an den Hauptpersonalrat gerechtfertigt sind. Er wird diese dabei würdig vertreten." Müller wäre für die Aufgabe bereit, sagen Weggefährten. Unkündbar wäre er zwar auch als Personalratsmitglied nicht. Aber es wäre noch schwieriger, ihn loszuwerden.

Das sächsische Innenministerium äußert sich inhaltlich nicht zum Fall. Nur so viel: "Wir bitten Sie um Verständnis, des es uns aufgrund unserer arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht gegenüber Prof. Dr. Müller und unserer damit im Zusammenhang stehenden Pflicht zur Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte leider nicht möglich ist, Ihre Fragen konkret zu beantworten und Ihnen in diesem Zusammenhang auch mitzuteilen, ob gegen Prof. Dr. Müller aufgrund von ihm getätigter Äußerungen arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen wurden oder nicht."

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, Zu viel Kritik an seiner Politik: . In: Legal Tribune Online, 05.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18981 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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