Bekämpfung von Rockerkriminalität: Geplantes Kenn­zei­chen­verbot ver­fas­sungs­widrig

Nach dem Freispruch eines Mitglieds des Bandidos MC durch den BGH plant die Regierung eine Verschärfung des vereinsrechtlichen Kennzeichenverbotes. Florian Albrecht sagt, dass der Gesetzentwurf gegen die Verfassung verstößt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seiner Entscheidung vom 09.07.2015 (3 StR 33/15) der Politik der strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern nicht verbotener Rockervereine über das vereinsrechtliche Kennzeichenverbot (sogenanntes Kuttenverbot) eine Absage erteilt. Zugleich hat er enge Grenzen für künftige Kuttenverbote gesetzt.

Diese Verfolgungspolitik ist Bestandteil einer Strategie zur Bekämpfung der Rockerkriminalität, welche die Zielsetzung verfolgt, Mitglieder von Rockervereinen möglichst vollständig aus dem gesellschaftlichen Leben zu verdrängen. Man kann insoweit durchaus von staatlicher Stigmatisierung und Kriminalisierung sprechen. Die Bundesregierung legt aktuell mit einem "Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes" nach.

Generell wird das polizeiliche Vorgehen mit der Notwendigkeit der vordringlichen Bekämpfung von Rockerkriminalität gerechtfertigt. Dabei wird nicht unterschieden, ob die betroffenen Mitglieder von nicht verbotenen Rockervereinen selbst Straftäter sind oder sich vollkommen gesetzestreu verhalten. Die Subkultur der Rocker wird vielmehr unter Generalverdacht gestellt und damit eine Gefahrenlage suggeriert, die so nicht besteht.

Kennzeichenverbot nur bei strafgesetzwidriger Zielsetzung

Anstatt wirksame Mittel zur Bekämpfung real existierender Kriminalität zu ergreifen, widmet sich die Politik der Bekämpfung von Symbolen. Was an die zunehmend auch im Gefahrenabwehrrecht verfolgte Zielsetzung der Stärkung des Sicherheitsgefühls erinnert, wird im Strafrecht unter anderem auf § 20 Abs. 1 Vereinsgesetz (VereinsG) gestützt. Die Norm verbietet u.a., die Kennzeichen eines verbotenen Vereins zu verwenden und stellt Verstöße unter Strafe. Ein Verwenden liegt allerdings nur dann vor, wenn man das betroffene Symbol beziehungsweise Vereinswappen als Kennzeichen eines verbotenen Vereins und eben nicht als Kennzeichen eines nicht verbotenen Vereins nutzt.

Mit § 9 Abs. 3 VereinsG wird zudem das Verwenden eines Vereinskennzeichens untersagt, wenn die Symbole verbotener Rockervereinen "in im Wesentlichen gleicher Form" in das Vereinswappen eines nicht verbotenen Vereins eingebunden werden, der die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilt und mithin selbst auch verboten werden könnte. Die Vorschrift ist allerdings gefahrenabwehrrechtlicher Natur und gegenwärtig nicht strafbewehrt.

Die beschriebene Rechtslage konnte sich in dem besagten Verfahren vor dem BGH ein Mitglied eines nicht verbotenen Regionalvereins des Bandidos MC zu Nutze machen, der Symbole der Bandidos (unter anderem den sogenannten Fat Mexican) in der Öffentlichkeit zeigte, ohne dass dies einem verbotenen Ableger der Rockerbewegung zugerechnet werden konnte. Mit der aktuellen Gesetzesinitiative wird beabsichtigt, das Zeigen aller Rockersymbole zu verbieten, die auch von einem verbotenen Rockerverein genutzt wurden, ohne dass es darauf ankommt, dass sie im konkreten Fall auch einem solchen (verbotenen) Verein zugerechnet werden können.

Zitiervorschlag

Florian Albrecht, Bekämpfung von Rockerkriminalität: . In: Legal Tribune Online, 05.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20770 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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