Rechtsfragen zur gamescom: Flapsige Sprüche, Bots und Itemkauf

von Konstantin Ewald und Felix Hilgert, LL.M.

31.07.2015

Anfang August beginnt die weltweit größte Spielemesse gamescom in Köln. Konstantin Ewald und Felix Hilgert beschreiben drei besonders wichtige Gefechte, die Spieler und Spieleentwickler derzeit vor Gericht zu führen haben.

Große Verwirrung in der Werbeindustrie stiftete jüngst das Runes of Magic-Urteil, in welchem der  Bundesgerichtshof (BGH) die Werbeslogans eines Computerspiels, welche den Empfänger unter anderem auf jugendlich-informelle Art ansprachen, für wettbewerbswidrig und unlauter erklärt hatte.

Schnell wurden Fragen laut: Darf man in der Werbung wirklich niemanden mehr duzen? Was ist eine speziell an Kinder gerichtete Kaufaufforderung, und wo verläuft die Grenze zur zulässigen werblichen Ansprache an jedermann? Das BGH-Urteil enthielt dazu widersprüchliche Passagen.

Unlängst hatte das Landgericht (LG) Berlin über einen ganz ähnlichen Sachverhalt zu entscheiden (Urt. v. 21.04.2015, Az. 16 O 648/13). Es nutzte die Gelegenheit und stellte unmissverständlich klar: Duzen ist erlaubt. Deutliche Worte gab es dabei auch zu der Entscheidung des BGH. Vor dem Berliner Landgericht ging es unter anderem um folgende Werbeaussagen für Zusatzinhalte eines Online-Rollenspiels:

•    Kauft ein im Haustiershop

•    Neues exklusives Reittier: Gepanzerte Blutschwinge – Holt es Euch jetzt

•    Diese monströse, fleischfressende Fledermaus ist der perfekte Begleiter für einen Abstecher zum nächsten Schlachtfeld, um Tod und Zerstörung zu verbreiten.


Darin sahen die klagenden Verbraucherschützer verbotene unmittelbare Kaufaufforderungen an Kinder nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dass primär eine minderjährige Zielgruppe angesprochen werde, zeige sich insbesondere an der Verwendung des Wortes "Euch", so die Verbraucherschützer mit Blick auf das Runes of Magic-Urteil. Dieser Argumentation erteilte das LG jedoch eine deutliche und sorgfältig begründete Absage. Die Werbeaussagen sprächen nicht gezielt Kinder an.

Bei dem Produkt handele es sich um ein komplexes und anspruchsvolles Spiel, das sich inhaltlich nicht an Kinder richte. Ob sich Kinder hiervon eventuell aus Neugier oder wegen eines "Reiz des Verbotenen" angezogen fühlten, sei unerheblich. Auch in den verwendeten Begriffen sehen die Richter kein Indiz für die gezielte Ansprache von Kindern. Das "Duzen" sei mittlerweile auch gegenüber Erwachsenen üblich, und Sätze, wie der von der "monströsen, fleischfressenden Fledermaus" seien keinesfalls kindertypisch.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Runes of Magic-Urteil des BGH. Danach solle eine gezielte Ansprache von Kindern zwar bei einer Kombination aus 2. Person Plural und "überwiegend kindertypischen Begriffen einschließlich gebräuchlicher Anglizismen" angenommen werden. Nach Ansicht der Berliner Richter ist jedoch unklar, wie diese Formel des BGH zu verstehen und in der Praxis anzuwenden sei. In jedem Fall seien die zu beurteilenden Werbeaussagen "noch weniger kindertypisch" formuliert als in dem BGH-Fall, und damit im Ergebnis nicht zu verbieten.

Verbot von "Bots"

Ein weiteres Problem, von dem Besucher der gamescom sicherlich ein Lied singen können, ist der Gebrauch von Bots – also automatisierten Programmroutinen, etwa, um dem Spieler lästige Aufgaben abzunehmen oder in bestimmten Spielsituationen besser zu agieren, als ein Mensch dies könnte. Ihr Einsatz bedeutet für den Verwender in aller Regel einen (unfairen) Vorteil gegenüber den Mitspielern und stört das Spielgefüge; er ist daher in den AGB der meisten Spielehersteller untersagt.

Entsprechende Verstöße ziehen durchaus auch Verfahren nach sich. Wiederholt haben die Gerichte in jüngerer Zeit betont, dass Vertrieb und Einsatz von Bots für Onlinespiele rechtswidrig sind (OLG Hamburg, Urt. v. 06.11.2014, Az. 3 U 86/13). Schon die Programmierung eines Bots kann darüber hinaus gegen das Urheberrecht verstoßen (OLG Dresden, Urt. v. 20.01.2015, Az. 14 U 1127/14).

Kündigungsrecht trotz Itemkaufs

Ein weiteres Thema, das die Gerichte immer wieder beschäftigt, ist die Frage nach der Sperrung oder Kündigung von Spielern in Onlinespielen. Besonders akut wird die Problematik bei sogenannten "free to play"-Spielen, die zwar in der Basisversion gratis sind, aber zahlreiche, kostenpflichtige Zusatzinhalte anbieten. Wird ein Spieler gesperrt, gehen auch die von ihm erworbenen Inhalte verloren – was nicht jeder ohne Weiteres hinnimmt.

Die Gerichte stehen hier aber den Spielbetreibern zur Seite: Wenn die Spiele grundsätzlich kostenlos sind, gelten die Vorschriften des BGB über Leihe und Auftrag – beide Vertragstypen sehen ein jederzeitiges Kündigungsrecht vor. Entsprechende AGB-Klauseln in Spielenutzungsverträgen sind daher unzweifelhaft wirksam. Erst recht sind Betreiber zu Sperrung und Kündigung berechtigt, wenn Spieler gegen die Spielregeln verstoßen, also z.B. unerlaubt Handel mit virtuellen Items treiben, Bots einsetzen oder andere Mitspieler beleidigen. Dann, so eine aktuelle Entscheidung (AG Karlsruhe, Urt. v. 18.05.2015, Az. 8 C 377/14), kommt es auch nicht darauf an, ob der Spieler im Spiel schon einmal Geld ausgegeben hat. Die Kündigung ist in jedem Fall wirksam.

Konstantin Ewald und Felix Hilgert sind Rechtsanwälte im Kölner Büro von Osborne Clarke und beraten regelmäßig Unternehmen der Spieleindustrie.

Zitiervorschlag

Felix Hilgert, Rechtsfragen zur gamescom: . In: Legal Tribune Online, 31.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16392 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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