In Bayern gehört er zum Biergartenbesuch genauso dazu wie Maß und Brezn: Die "zermatschte" Käsecreme. Das BPatG sollte entscheiden, ob der "Obazda" nur in Bayern hergestellt werden darf und was für Zutaten hinein gehören. Endgültig geklärt wurde aber nichts - vorerst! Christian Schmitt über den Streit um den Obazda.
Das Bundespatentgericht (BPatG) hat mit Beschluss vom 22. September 2011 eine Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) aufgehoben, nach der die Bezeichnungen "Obazda" und "Bayerischer Obazda" als geografische Herkunftsangabe geschützt waren (Az. 30 W(pat) 9/10). Auch wenn das Münchener Gericht keine abschließende Entscheidung gefällt hat, wurde doch erkennbar, dass die Richter beide Bezeichnungen als geografische Herkunftsangaben grundsätzlich für schutzfähig halten. Der süddeutsche Streit um den Käse wurde an das DPMA zurückverwiesen.
Das Amt hatte im Jahre 2009 die Bezeichnungen "Obazda" und "Bayerischer Obazda" auf Grundlage einer so genannten Spezifikation, die unter anderem die notwendigen und die frei wählbaren Bestandteile der Rezeptur sowie das Herstellungsverfahren bestimmt, als geografische Herkunftsangabe geschützt. Die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft hatte einen entsprechenden Antrag gestellt.
Allgäuer Käsefabrikant gegen Bayerische Milchwirtschaft
Gegen den Beschluss des DPMA hatte ein Käsefabrikant aus Leutkirch im Allgäu – knapp jenseits der Grenze zum Freistaat – Beschwerde eingelegt, über die das BPatG nun entscheiden musste. Der Leutkircher hatte argumentiert, dass es sich bei den Bezeichnungen "Obazda" und "Bayerischer Obadza" um frei verwendbare Gattungsbegriffe handele. Außerdem kritisierte er, dass die Thermisierung zur Haltbarmachung der traditionellen Herstellungsweise widerspreche. Die von der Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft eingereichte Spezifikation sah das Thermierungsverfahren als einzige Methode vor, die Käsecreme haltbar zu machen.
Die Richter aus München beurteilten den Fall anders als das DPMA. Aber damit ist das letzte Wort im Streit um das klassische Biergartengericht noch nicht gesprochen. Denn das BPatG hält die Bezeichnungen "Obazda" und "Bayerischer Obazda" grundsätzlich für schutzfähig als europaweite geografische Angabe. Dies gelte vor allem für die verschiedenen Varianten der traditionellen handwerklichen Herstellung. Auch die von der Landesvereinigung eingereichte Spezifikation scheine praktikabel und lasse den Herstellern bei der Produktion genügend Freiräume.
Nicht einsehen wollte der 30. Senat allerdings, dass gemäß der Spezifikation zur Haltbarmachung des Obazdas ausschließlich die Thermisierung zugelassen werden solle. Eine einseitige Festlegung auf das Thermisierungsverfahren erscheine nicht angemessen, so das Gericht. Hierdurch könne es zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung von Produzenten kommen, die sich anderer Methoden zur Haltbarmachung bedienen wollen.
Das DPMA ist erneut am Zug
Das BPatG hat den Fall an das DMPA zurück verwiesen. Die Behörde muss jetzt prüfen, ob zur Haltbarmachung von industriell gefertigtem Obazda überhaupt Vorgaben gemacht werden können und wenn ja, welche sachgerechten Alternativen es zum Thermisierungsverfahren gibt.
Das Verfahren über die Schutzgewährung für so genannte "geschützte geografische Angaben" nach EU-Recht muss also neu aufgerollt werden. Ziel eines solchen europaweiten Verfahrens ist es, ein ausschließliches Recht zur Benutzung einer geographischen Bezeichnung zu erlangen. Im Erfolgsfall darf die geschützte Bezeichnung nur von demjenigen geführt werden, der sein Produkt entsprechend einer bestimmten Spezifikation herstellt.
In Deutschland beginnt das Verfahren mit einem Antrag auf Schutzgewäh-rung beim DPMA. Stellt das DPMA nach umfassender Prüfung, die Schutzfähigkeit fest, kann hiergegen Beschwerde eingelegt werden. Über das Rechtsmittel entscheidet das BPatG, dessen Urteil dann vor dem BGH angegriffen werden kann.
Europaweiter Produktschutz als oberstes Ziel
Steht nach dem nationalen Verfahren die Schutzfähigkeit der Bezeichnung fest, ist die nächste Instanz zur Prüfung die EU-Kommission. Hält auch diese die Bezeichnung für schutzfähig, bewilligt sie den Schutz in Form einer EU-Verordnung, die als echtes Gesetz in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gilt.
Den Mitgliedstaaten bleibt dann nur noch die Nichtigkeitsklage zum EuGH. Einer der bekanntesten Fälle betraf Klagen der Bundesrepublik gegen die Schutz-Verordnung für Feta, die allerdings erfolglos geblieben sind.
Materielle Voraussetzung für den Schutz ist, dass ein Zusammenhang zwischen der Herkunft des Produkts aus der benannten Region und der Qualität des Produkts besteht. Der Antragsteller muss diesen Zusammenhang auf Grundlage der so genannten Spezifikation nachweisen. Diese legt auch das geographische Gebiet der Produktion fest und definiert das Produktionsverfahren.
Nicht geschützt werden die Produkte, wenn es sich bei der Bezeichnung bloß um einen Gattungsbegriff handelt, sie also nur noch Produktname ohne geographischen Bezug ist. Ein solches Schicksal ereilte in der Vergangenheit etwa die "Münchener Weißwurst". Sie ist zwar eine regionale, hauptsächlich südbayerische Spezialität. Das BPatG entschied jedoch, dass sich die Herstellung der Weißwurst nicht ausschließlich auf den Herstellungsort München und seinen Landkreis beschränkt (Beschl. v. 17.02.2009, Az.: 30 W (pat) 22/06). Verglichen damit hat der Obazda schon mal Glück gehabt.
Der Autor Christian Schmitt ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei CBH Rechtsanwälte in Köln und Dozent für Medienwirtschaftsrecht an der Fachhochschule Köln.
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Prozess um "Obazda": . In: Legal Tribune Online, 23.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4379 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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