Gefahren der Osterfeuer: Fein­staub, Fla­schen, Feu­er­gruben

von Ludwig Hogrebe, LL.M. (Cantab.)

30.03.2013

Es ist Ostern und über Deutschland liegt eine Dunsthaube aus Qualm und Rauch: Osterfeuer sollen den langen Winter endgültig vertreiben. Für manche Umweltrechtler ist der Brauch nichts anderes als Feinstaub und sollte in Großstädten sogar verboten werden. Wo man dennoch getrost zündeln darf und wie man einen Reisighaufen ordentlich verteidigt.

Historisch ist es eine jahrhundertealte Tradition aus der Zeit des heidnisch-germanischen Sonnenkultes, juristisch eine verbotene Abfallbeseitigung: das Osterfeuer. Meistens werden dabei auf offenen Wiesen am Ostersamstag Zweige, Laub und was sonst noch so anfällt verbrannt, so dass ein schönes Lagerfeuer entsteht.

Nach § 27 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes dürfen Pflanzenabfälle aber nicht einfach verbrannt werden, sondern müssen in dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlagen behandelt werden. Für das Osterfeuer kann man aber eine Ausnahme machen, entschied das Oberverwaltungsgericht Münster 2004. Dafür muss das Feuer aber ausschließlich dem Brauchtum dienen. Davon waren die Münsteraner Richter bei privaten Osterfeuern nicht überzeugt. Sie hielten diese in aller Regel für einen Vorwand, um Pflanzenabfälle loszuwerden (Beschl. v. 07.04.2004, Az. 21 B 727/04).

Deshalb kann auch nicht jeder einfach sein eigenes Osterfeuer anmelden, so der Leiter des Umweltamtes der Stadt Dortmund, Wilhelm Grote, sondern nur Glaubensgemeinschaften oder Vereine. "Bei der deutschen Vielfältigkeit der Vereinslandschaft findet sich da aber immer ein Veranstalter."

Nichts anderes als konzentrierter Feinstaub

Was früher einfach nur ein großes Spektakel war, erntet heute misstrauische Blicke der Umweltbehörden. Sind die aufsteigenden Rauchschwaden doch nichts anderes als konzentrierter Feinstaub. Nach einer Studie des Umweltbundesamtes  kann man an den Partikelkonzentrationen zu Ostern ablesen, dass der Brauch vorwiegend auf den Nordwesten Deutschlands beschränkt ist. Nur an kostbaren 35 Tagen im Jahr dürfen nach der Feinstaubrichtlinie und der Bundesimmissionsschutzverordnung die Grenzwerte überschritten werden und allein die Osterfeuer können je nach Witterung für einen davon verantwortlich sein, so die Studie. Gut, dass nicht häufiger Ostern ist.

Verbieten will man die Osterfeuer dennoch nicht. Für Ruprecht Schleyer, Leiter des Luftmessnetzes des Umweltbundesamtes, ist das wie mit dem Dreck unter den Fingernägeln. "Wenn Sie Ihr Auto sauber gemacht haben und von oben bis unten verschmiert sind, dann duschen Sie zuerst und machen den Schmutz unter den Fingernägeln als Letztes weg." Genauso sollte man zunächst die Hauptquellen für Feinstaub beseitigen.

Der Umweltrechtler Grote aus Dortmund hält eine Vielzahl von Osterfeuern aber zumindest in Ballungskernen für inakzeptabel. Seine Stadt hat daher eine Verordnung erlassen, nach der statt ursprünglich 120 dieses Jahr nur noch 70 Osterfeuer abgebrannt werden dürfen.

Auch Tierschutzorganisationen warnen. Damit das Osterfeuer nicht zum Scheiterhaufen für kleine Tiere und brütende Vögel wird, sollte man den Haufen vor dem Anzünden noch einmal umschichten. Viele Tiere würden nicht flüchten, sondern sich nur noch tiefer im Gestrüpp verstecken.

Glutteppich warnt vor sich selbst

Es darf auch nicht alles verbrannt werden. "Frisches Holz darf man wegen des Qualms nicht ins Feuer werfen, behandeltes schon gar nicht", sagt Grote. Viele Orts- und Landesvorschriften schreiben zudem vor, dass das Feuer 25 bis 200 Meter von Häusern, Wäldern und Straßen entfernt sein muss. Aber auch auf der grünen Wiese darf man dem Brauchtum nicht uneingeschränkt frönen, wenn dort keine Feuerstelle ist. Denn nach § 39 Bundesnaturschutzgesetz darf das Gras auf einer Wiese  nicht abgebrannt werden.

Am besten sucht man sich also einen großen asphaltierten Platz fernab jeder Zivilisation. Falls es so etwas gibt. Zumindest muss man die Feuerstelle wohl nicht absperren. Das fehlende Flatterband hatte der Besucher eines Osterfeuers gerügt, der in die Vertiefung für ein abgebranntes Osterkreuz gefallen war. Der leicht angetrunkene Mann hätte aber wohl ausreichend Anlass haben müssen, seine Entscheidung für den direkten Weg vom Festplatz noch einmal zu überdenken, so das Oberlandesgericht Hamm. Immerhin erreiche der Glutteppich des Osterfeuers einen Durchmesser von etwa zehn Metern, entwickele eine Hitze von mehreren hundert Grad Celsius und strahle so hell, dass trotz nächtlicher Dunkelheit in einem Umkreis von zehn bis 20 Metern alles deutlich erkennbar gewesen sei (Urt. v. 21.11.1997, Az. 9 U 94/97).

Die Verteidigung des Reisighaufens

Wenn man all diese Vorgaben einhält, kann man getrost das Feuerzeug herausholen. Eigentlich. Denn niemand kann in Frieden zündeln, wenn der Nachbar sich beschwert. Nach den Immissionsschutzgesetzen von Bund und Ländern darf die Nachbarschaft nicht gefährdet oder auch nur erheblich belästigt werden.

Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig dürfen Osterfeuer regelmäßig trotzdem abgebrannt werden, weil sie nur geringe Störungen verursachen und an dem alten Brauchtum ein öffentliches Interesse besteht (Urt. v. 30.09. 2008, Az. 2 A 50/08). Einmal im Jahr müssen die Nachbarn ein Feuer also dulden. In dem Fall hatten allerdings auch 1.000 der 3.600 Bewohner des Dorfes das Osterfeuer besucht und selbst der Kindergarten wollte mit dabei sein.

In manchen Dörfern muss der Reisighaufen bewacht werden, damit die Jugend des Nachbardorfes ihn nicht vorzeitig entzündet und mit ihm die Ehre des Dorfes in Rauch aufgeht. Auch dabei kann man es allerdings übertreiben. Eine besonders enthusiastische Wachmannschaft wurde nach Ostern wegen Landfriedensbruchs angeklagt, weil sie zur Verteidigung ihres Haufens angeblich mit Flaschen auf alle geworfen hatten, die das Feuer löschen wollten. Die waren allerdings nicht aus dem Nachbardorf gekommen, sondern von der Feuerwehr (Bundesgerichtshof, Beschl. v. 09.09.2008, Az. 4 StR 368/08).

Zitiervorschlag

Gefahren der Osterfeuer: . In: Legal Tribune Online, 30.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8438 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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