Neuregelung zur Ausschüttung von Einnahmen der Verwertungsgesellschaften: Bekenntnis zur Ver­le­ger­be­tei­li­gung

von Pia Sökeland

20.12.2016

2/2: Rückforderungen in Millionenhöhe

In Folge der Urteile hat die VG Wort bereits Ausschüttungen in Millionenhöhe von den Verlagen zurückgefordert, was insbesondere kleinere und mittlere Verlage erheblich belastet und teilweise vor existenzielle Probleme stellt. Die VG Wort hat in ihrer außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 26. November 2016 zwar ein kollektives Verrechnungsverfahren verabschiedet, wonach Urheber ihre auf den Rückzahlungen der Verlage basierenden zusätzlichen Ausschüttungsansprüche an ihre Verlage abtreten können. Ob die finanziellen Belastungen für die Verlage hierdurch jedoch nennenswert reduziert werden, wird sich erst nach Abschluss des Verfahrens zeigen, das für Ende Februar 2017 geplant ist. In welchem Umfang die Urheber entsprechende freiwillige Abtretungserklärungen zugunsten ihrer Verlage abgeben werden, lässt sich nicht prognostizieren. 

Die Rückforderungen der VG Wort sind das eine. Nach dem Vogel-Urteil kann die VG Wort auf Basis der bisherigen Gesetzeslage aber auch in Zukunft keine pauschalen Verlegerbeteiligungen ausschütten. Damit sind für die Verlage teilweise existentielle Einnahmen vollständig entfallen.

Dieses Problem hat auch der Gesetzgeber erkannt und – unter Verweis auf die bedeutenden verlegerischen Leistungen – bereits unmittelbar nach dem Vogel-Urteil einen Gesetzesentwurf zur Regelung einer Verlegerbeteiligung vorgelegt. Dieser wurde nunmehr in leicht geänderter Fassung verabschiedet.

Einschränkung des Prioritätsprinzips

Nach dem neuen § 27 Abs. 2 VGG kann eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte für mehrere Rechteinhaber gemeinsam wahrnimmt, im Verteilungsplan regeln, dass die Einnahmen aus der Wahrnehmung dieser Rechte nach festen Anteilen verteilt werden, und zwar unabhängig davon, wer die Rechte eingebracht hat. Damit soll ein rechtliches Hindernis beseitigt werden, auf das im Fall Vogel gegen VG Wort insbesondere die Instanzgerichte verwiesen hatten: der für Abtretungen geltende Prioritätsgrundsatz. Nach diesem ginge die frühere Verfügung – also die Abtretung der Vergütungsansprüche an die VG Wort, einer späteren –  der im mit dem Verlag geschlossenen Verlagsvertrag  – vor.

Mit der Neuregelung können künftig jedoch Ausschüttungen an Verlage auch dann vorgenommen werden, wenn der Abtretung an den Verlag der Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages vorausgegangen ist und der Urheber damit die jeweiligen Rechte der Verwertungsgesellschaft eingeräumt hat. Der Prioritätsgrundsatz wird durch die Neuregelung insofern für nicht anwendbar erklärt.

Verteilungsschlüssel und Willkürverbot

Auch künftig bleibt es jedoch dabei, dass nach festen Anteilen an Verlage und VG Wort ausgeschüttet wird – einst waren Verlagsanteile von bis zu 50 Prozent vorgesehen. Es stellt sich allerdings die Frage, wie dies in Verteilungsplänen tatsächlich wirksam geregelt werden kann. Der BGH hat pauschalen Verlegerbeteiligungen unter Verweis auf das Willkürverbot (jetzt § 27 Abs. 1 VGG) schließlich eine ausdrückliche Absage erteilt.   

Der neue § 27a VGG regelt, dass der Urheber nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks oder mit der Anmeldung eines Werkes bei der VG dieser gegenüber zustimmen kann, dass der Verleger an den Einnahmen der VG aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird.

Voraussetzung einer Verlegerbeteiligung nach § 27a VGG ist damit, dass der Urheber gegenüber der VG freiwillig mitwirkt – und zwar bezogen auf ein konkretes Werk, nachdem dieses bereits von den Verlagen kalkuliert und sogar veröffentlicht ist. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels verweist in seiner Stellungnahme zur Neuregelung daher nachvollziehbar darauf, dass den Verlagen damit bei Abschluss eines Verlagsvertrages weiterhin Planungssicherheit und Kalkulationsgrundlage fehlen.

Regelung nur durch EU

Mit der Neuregelung hat der deutsche Gesetzgeber ein klares Bekenntnis zur Verlegerbeteiligung abgegeben. Er war aber laut der Gesetzesbegründung gleichzeitig bestrebt, eine Kollision mit europarechtlichen Vorgaben zu vermeiden. Die Neuregelung ermöglicht daher lediglich eine Verlegerbeteiligung, die auf der freiwilligen Mitwirkung der Urheber nach Erscheinen einzelner Werke beruht. Dies kann für die Verlage ein hilfreicher erster Schritt sein.

Die bisherige Ausschüttungspraxis wird sich so kaum wiederherstellen lassen. Dazu müsste eine Verlegerbeteiligung im europäischen Recht verankert sein. Ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission für eine Regelung in Art. 12 der Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt (DSM-RL) liegt seit September 2016 vor. Ob die DSM-RL wie angekündigt bis Ende des kommenden Jahres verabschiedet und anschließend zeitnah in deutsches Recht umgesetzt werden wird, ist allerdings noch nicht ausgemacht.

Pia Sökeland ist Rechtsanwältin bei SKW Schwarz Rechtsanwälte in München.

Zitiervorschlag

Neuregelung zur Ausschüttung von Einnahmen der Verwertungsgesellschaften: . In: Legal Tribune Online, 20.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21523 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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