Neuer Personalausweis : Identifizieren und unterschreiben auch im Netz

Er hat das handliche Format einer Scheckkarte und bietet mit seinen neuen Funktionen auch Einsatzmöglichkeiten in der Online-Welt: Der neue Personalausweis. Aber ist er ein notwendiger Schritt zu E-Business und E-Government oder ein bedenklicher in Richtung "gläserner Mensch"?

mmer mehr Aktivitäten und Geschäfte des täglichen Lebens verlagern sich ins Internet: Das gilt für das Einkaufen von Waren ebenso wie etwa für das Eröffnen und Führen eines Bankkontos. Selbst Behördengänge können dank Internet überflüssig werden.

Da es für die Online-Welt bisher aber noch keinen Standard-Identitätsnachweis gibt, muss der Verbraucher für viele Angebote mit jeweils eigenen Passwörtern, Geheimnummern oder Zugangskarten hantieren. Mit dem neuen Personalausweis soll sich das ändern.

Mit dem "Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis" vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346), kurz "Personalausweisgesetz" (PAuswG), hat  der Bundesgesetzgeber den hergebrachten Personalausweis zu einem biometriegestützten Identitätsdokument und einem elektronischen Identitätsnachweis für E-Government und E-Business erweitert. Das Gesetz tritt zum 1. November in Kraft.

Bei allen Vorteilen bestehen aber doch auch Bedenken im Hinblick auf die Datensicherheit: Wenn jeder Bundesbürger datentechnisch bald auf einer Chipkarte erfasst ist, besteht auch des Risiko von Datenmissbrauch.

Identitätsnachweis und Ersatz der Schriftform

Der elektronische Identitätsnachweis ermöglicht die verbindliche elektronische Übermittlung von Identitätsmerkmalen in Onlineanwendungen, darüber hinaus aber auch an Automaten.  Dadurch soll man sich in der elektronischen Kommunikation zuverlässig ausweisen und Gewissheit über die Identität seines Gegenübers erhalten können.

Die Signaturfunktion macht es aber auch möglich, im – elektronischen – Rechtsverkehr Erklärungen abzugeben. Hat der Ausweisinhaber diese bei einem Zertifizierungsdiensteanbieter beantragt, sind die Voraussetzungen dafür geschaffen, im elektronischen Rechtsverkehr Erklärungen abzugeben, die dauerhaft beweisbar sind.

Die sicheren und nachweisbaren per Signaturfunktion abgegebenen elektronischen Erklärungen können eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform ersetzen (siehe etwa § 126 Abs. 3 und § 126a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) oder § 3a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG)).

Biometrische Daten - gegen den Missbrauch oder für den gläsernen Menschen?

Der neue Personalausweis enthält ein digitales Foto und auf Wunsch zwei digitale Fingerabdrücke. Diese so genannten biometrischen Merkmale dienen ausschließlich den staatlichen Behörden (wie Polizei, Zollverwaltung, Steuerfahndung oder Meldebehörden) zur sicheren Identitätsfeststellung. Mit den biometrischen Daten kann durch einen Computerabgleich schnell und zuverlässig festgestellt werden, ob die Person, die den Ausweis vorlegt, auch tatsächlich dessen Inhaber ist. Damit soll dem Missbrauch von gestohlenen oder verlorenen Ausweisen begegnet werden.

Um datenschutzrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, enthält das neue Personalausweisgesetz einen eigenen Abschnitt zum Umgang mit personenbezogenen Daten. So dürfen zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden den Ausweis grundsätzlich nicht zum automatisierten Abruf personenbezogener Daten verwenden (§ 15 PAuswG).

Ausnahmen hiervon gibt es beispielsweise für Grenzkontrollen, zum Zweck der Strafverfolgung oder zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Unabhängig davon dürfen die Behörden aber Seriennummern, Sperrkennwörter und Sperrmerkmale grundsätzlich nicht so verwenden, dass mit ihrer Hilfe ein automatisierter Abruf  personenbezogener Daten oder eine Verknüpfung von Dateien möglich ist (§ 16 PAuswG). Dasselbe gilt gem. § 20 PAuswG auch für nichtöffentliche Stellen.

Kein automatischer Abruf, kein Online-Check, sofortige Löschung

§ 17 PAuswG sieht vor, dass zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden die im Ausweis gespeicherten Daten nur zum Zweck der Überprüfung der Echtheit des Dokumentes oder der Identität des Ausweisinhabers auslesen und verwenden dürfen.

Echtheits- oder Identitätskontrollen über öffentliche Kommunikationswege (insbesondere über das Internet) sind unzulässig. Werden bei einer Kontrolle die auf dem Ausweis gespeicherten biometrischen Daten mit den Fingerabdrücken eines Kontrollierten verglichen, müssen die so erhobenen Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn die Prüfung der Echtheit des Ausweises oder der Identität des Inhabers beendet ist.

Soll mit dem Ausweis ein elektronischer Identitätsnachweis gegenüber sonstigen Behörden oder möglichen Vertragspartnern erfolgen, so sind gemäß § 18 PAuswG Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu treffen, die die Vertraulichkeit gewährleisten. Im Falle der Nutzung allgemein zugänglicher Netze sind Verschlüsselungsverfahren anzuwenden.

Alles kann, (noch) nichts muss

Dass ein solcher "High-Tech-Ausweis" nicht zum Nulltarif zu haben ist, versteht sich von selbst. Stolze 28,80 Euro kostet der neue Personalausweis, den alten gab es bereits für 8 Euro. Immerhin wird der erste Personalausweis für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren kostenfrei sein und wer unter 24 Jahre alt ist, bekommt das Dokument zum ermäßigten Preis von 19,80 Euro.

Wem diese Kosten zu hoch sind, der kann auf einen Umtausch aber auch verzichten: Die alten Ausweise behalten ihre Gültigkeit. Da ab 1. November aber nur noch Ausweise der neuen Art ausgestellt werden, werden spätestens in 10 Jahren, wenn die letzten, noch bis zum 30. Oktober 2010 erstellten Dokumente in der klassischen Variante ihre Gültigkeit verlieren, alle Bundesbürger den neuen Chip-Ausweis benötigen.

Trotz der gesetzlichen Beschränkungen, die Datenmissbrauch verhindern sollen, bleibt das flaue Gefühl, dem "gläsernen Menschen" ein Stückchen näher gekommen zu sein.

Der Autor Dr. Alfred Scheidler ist Oberregierungsrat in Neustadt an der Waldnaab und Autor zahlreicher Publikationen zum öffentlichen Recht.

Zitiervorschlag

Alfred Scheidler, Neuer Personalausweis : . In: Legal Tribune Online, 15.10.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1729 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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