Lecker sieht sie aus, die Currywurst auf den Bildern der großangelegten Werbekampagne von McDonald’s. Aber es gibt Ärger: Mit dem tatsächlichen Produkt habe die Abbildung wenig gemeinsam, kritisieren Internetnutzer. Die Kunst des Foodstylings ist juristisch bislang kein Thema. Zu Unrecht, denn mit ihrer Hilfe erstellte Werbefotos können durchaus in die Irre führen, meint Malte Weitner.
Werbeabbildungen in der Lebensmittelindustrie entstehen mit Hilfe des sogenannten Foodstylings. Foodstylisten sind auf das Präparieren von Lebensmitteln spezialisierte Fotografen. Sie wählen zunächst aus mehreren gleichartigen Zutaten die schönsten Einzelbestandteile eines Lebensmittels aus. Es können auch Materialien zum Einsatz kommen, die nicht Teil des Originalprodukts sind. Diese werden liebevoll drapiert, verschönert, perfekt ausgeleuchtet und fotografiert. Die Fotografie wird danach digital bearbeitet. Die Möglichkeiten dieser Veränderungen kennen kaum Grenzen.
Juristisch werden diese Lebensmittelabbildungen bislang in Deutschland kaum thematisiert. Im Fokus von Auseinandersetzungen der Verbraucherzentralen und Wettbewerbern der Industrie stehen meist andere Angaben. Es geht um Bezeichnungen, Nährwerttabellen und Werbeslogans, trotz der allseits bekannten Macht von Bildern aber nur ganz selten um die begleitenden Abbildungen, die Verbraucher zum Konsum motivieren sollen.
Trotzdem müssen sich diese Bilder und damit insbesondere das Foodstyling an den gesetzlichen Irreführungsverboten messen lassen. Die Vorschriften des § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie § 11 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) verbieten ausdrücklich auch irreführende Abbildungen.
Geschönte Abbildungen - juristisch bislang kein Thema
Zwar haben sich einige juristische Entscheidungen der letzten Zeit mit Abbildungen auf Lebensmitteln oder in der Lebensmittelwerbung beschäftigt. So verbot das Oberlandesgericht Köln Herstellern von Smoothies, Abbildungen einer Fruchtsorte bildlich in den Vordergrund zu stellen, weil diese Frucht nicht den Hauptanteil des Produkts ausmachte (OLG Köln, Urt. v. 18. 01. 2008, Az. 6 U 144/07). Aber mit dem Foodstyling selbst, also der Verschönerung von Lebensmitteln zur Anfertigung der Werbefotografie sowie der digitalen Nachbearbeitung, haben sich Gerichte in Deutschland bisher nur einmal beschäftigt.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hielt 2005 die Abbildung auf einer Hackfleisch-Verpackung für irreführend (VG Düsseldorf, Urt. v. 01.06.2005, Az. 16 K 1729/04). Das Bild zeige rosafarbenes, fast fettfreies Hackfleisch, obwohl die Verpackung tatsächlich graues Hackfleisch mit einem deutlich erkennbaren Anteil an Fett und Sehnen enthalte. Die Darstellung des Fleisches zusammen mit einer halben Zwiebel auf einem Holzbrett suggeriere zudem, das Produkt könne roh verzehrt werden. Dem war nicht so.
Sonst besprach lediglich das Internetportal "Lebensmittelklarheit" der Verbraucherzentralen seit seiner Einrichtung Mitte 2011 auch Abweichungen zwischen Realität und Bildern. Häufig wurden diese daraufhin vom Hersteller geändert. So wurde die Abbildung eines ganzen Burgers auf einer Verpackung von Burgerfleisch durch ein Bild von zwei Fleischscheiben auf einem Grillrost ersetzt.
Auch Bilder können juristisch geprüft werden
Die Irreführungsverbote der § 5 UWG und § 11 LFGB verbieten ausdrücklich auch die Verwendung einer Abbildung, soweit diese "zur Täuschung geeignet" ist.
Dabei kommt es nicht auf einen direkten Vergleich des Werbebildes mit der Realität an. Stattdessen stellt man das tatsächliche Produkt der Erwartung gegenüber, die der maßgebliche Verkehr aufgrund der Werbeabbildung aufbaut. Diese Erwartung wird Verkehrsauffassung genannt.
Um diese festzustellen, stellt der Bundesgerichtshof einerseits auf den "durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbraucher" ab. Andererseits sind in Bezug auf Lebensmittel neben diesen Verbrauchern aber auch Hersteller, Händler und sonstigen Beteiligte der Lebensmittelindustrie Teil des maßgeblichen Verkehrs.
Entrüstete Facebook-Nutzer machen noch keinen Durchschnittsverbraucher
Dabei darf nicht auf entrüstete Internet-Nutzer abgestellt werden. Sie können nur ein Indiz für die Verkehrsauffassung sein, aber nie die Feststellung ersetzen, welche Vorstellung sich der in diesem Sinne durchschnittliche Verbraucher aufgrund des Bildes auf der Verpackung von deren Inhalt gemacht hat.
Es geht nicht darum, ob – auch hunderttausend – Facebook-Nutzer oder Blogger das Erscheinungsbild eines konkreten Produkts anprangern. Entscheidend ist, ob der maßgebliche Verkehr aufgrund der Werbeabbildung von dem Produkt Eigenschaften erwartet, die es nicht hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Verkehr durchaus bewusst ist, dass das verwendete Bild für das Produkt wirbt, dieses also in ein positives Licht rücken will. Schließlich müsste die Abweichung zwischen Auffassung und Realität auch für die Kaufentscheidung relevant sein. Diese Beurteilung hängt vom Einzelfall ab.
Es ist an der Zeit, dass Werbeabbildungen der Lebensmittelindustrie mehr und mehr in den Fokus der juristischen Beurteilung rücken. Dennoch haben Entrüstungsstürme im Internet mit den juristischen Maßstäben der Irreführung nichts zu tun. Nicht alles, was eklig aussieht, ist auch verboten.
Der Autor Malte Weitner ist Rechtsanwalt bei Gleiss Lutz in Stuttgart. Sein Schwerpunkt liegt im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere im Marken- und Wettbewerbsrecht. Im Rahmen seines laufenden Promotionsverfahrens bei Prof. Dr. Olaf Sosnitza an der Universität Würzburg beschäftigt er sich mit dem Thema "Foodstyling aus lebensmittel- und lauterkeitsrechtlicher Sicht".
Fastfood-Werbeabbildungen: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8285 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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