Leserbriefe an LTO: Ihre Kom­men­tare in KW 31

04.08.2018

Anwaltspostfach, nächste Runde: Sollte das beA noch später kommen?

Seit bekannt wurde, dass das beA im September live gehen soll, obwohl die Vertraulichkeit der Nachrichten bedroht ist, mehrt sich Kritik. Anwälte fürchten Haftungsrisiken, die BRAK will das durchziehen. Doch sie braucht die Anwaltskammern.

 

Von: Dr. Sylvia Kaufhold, Rechtsanwältin, Maitre en droit

Vielen Dank für Ihren erneut sehr instruktiven Beitrag zum jetzt wieder drohenden Neustart eines weiterhin unausgereiften beA. Die hektische Betriebsamkeit um das Datum und die technischen Einzelheiten des Neustarts vernebeln das aus praktischer sowie berufs-, prozess- und verfassungsrechtlicher Sicht entscheidende Problem. Es geht um die passive Nutzungspflicht. Diese sollte unbedingt weiter ausgesetzt bleiben, bis sich das System wirklich auf breiter Basis bewährt hat. Und das kann es nur als freiwillige Lösung. Erst wenn sich ein Großteil der Anwaltschaft freiwillig angeschlossen hat, werden auch Skeptiker folgen. Erst dann ist auch die Zumutbarkeit dieses "Anschluss- und Benutzungszwangs" rechtlich belastbar indiziert. Gerade vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Absegnung des beA durch BGH und BVerfG und dem noch laufenden Verfahren zur Verschlüsselungsfrage.

Ein baldiger Neustart ohne Nutzungspflicht wäre daher die eleganteste sowie praktisch und rechtlich unverfänglichste Lösung. Eine Änderung der ZPO ist dafür nicht nötig. § 171 Abs. 3 S. 4 iVm Abs. 1 und § 130a Abs. 4 ZPO kann nicht zur Begründung einer passiven Nutzungspflicht dienen, da das BeA dort nur als eines von mehreren sicheren Übermittlungswegen genannt ist. Es genügt z.B. auch De-Mail und EGVP-Postfach. Außerdem steht der Grundsatz der Empfangsbereitschaft (Annahmewille; vgl. MüKoZPO/Häublein ZPO § 174 Rn. 6-7) einer nur passiven Nutzungspflicht ohne aktive (erklärte) Teilnahme- und Empfangsbereitschaft nicht nur aus praktischen, sondern auch aus dogmatisch-konstruktiven Gründen entgegen. Zu Recht weißt daher Siegmund (NJW 2017, 3134, 3135 aE) darauf hin, dass sich wegen des vom beA generierten elektronischen Empfangsbekenntnisses faktisch "– etwas unbemerkt – bereits ab 1.1.2018 eine aktive Nutzungspflicht zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr" ergibt.

Zur Behebung all dieser – kostenpflichtigen – Unsicherheiten, die schon bisher für die Anwaltschaft eine unsägliche Zumutung bedeuten, würde eine einfache gesetzgeberische Klarstellung genügen. Entsprechend der bisherigen Regelung in § 31 RAVPV müsste lediglich bei § 31a Abs. 6 BRAO ergänzt werden, dass die dort normierte Nutzungs- und Kenntnisnahmepflicht erst ab einer ausdrücklichen Teilnahmeerklärung oder zumindest einer wie immer gearteten technischen Freischaltung durch den Postfachinhaber gilt. Letztere wird aus praktischen Gründen ohnehin erforderlich sein. Damit wäre dann auch das Problem der Empfangsbereitschaft beim elektronischen Empfangsbekenntnis gelöst.

Zitiervorschlag

Leserbriefe an LTO: . In: Legal Tribune Online, 04.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30155 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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