Von der Schinkenstraße am Ballermann aufs Festland: Der Partyschlager "Layla" ist Platz 1 der Charts – und wird auf den ersten Volksfesten nicht gespielt. Unabhängig von der hitzigen Debatte erläutert Robert Hotstegs die juristischen Details.
LTO: Herr Hotstegs, in Würzburg untersagt die Stadt als Ausrichter eines Volksfests, den aktuellen Partyhit "Layla" zu spielen, er sei sexistisch. Kann eine Stadt das Abspielen eines bestimmten Liedes auf ihren Veranstaltungen verbieten? Wenn ja, worauf stützt sie das?
Robert Hotstegs: Die Betonung liegt wohl schlicht auf dem Wort "Ausrichterin". Denn das ist zunächst einmal die Besonderheit in Würzburg, dass die Behörde gar nicht in erster Linie als solche tätig wird und ein Verbot im verwaltungsrechtlichen Sinne ausspricht, sondern als Veranstalterin. Sie bestimmt ihre Playlist für das Volksfest eben selbst und hat das in den vergangenen Jahren schon getan, allerdings wohl "nur" durch die Auswahl von bestimmten DJs, Zeltbetreiber:innen oder Musikstilen, nicht durch das Herauspicken und Streichen einzelner Lieder von der Liste. Das ist neu, aber wohl zulässig.
Da "Layla" wohl sexistisch, aber noch nicht jugendgefährdend oder strafrechtlich relevant ist und auch keine Massenunruhen auf dem Volksfest zu erwarten sind, scheiden rechtliche Grundlagen aus.
In Düsseldorf ist es ebenfalls auf einem Fest untersagt, "Layla" zu spielen. Ausrichter des Fests ist aber ein privater Schützenverein. Der hat zugestimmt, das Lied nicht zu spielen, nachdem die Stadt bei ihm vorgesprochen hatte. Hätte die Stadt eine Möglichkeit gehabt, das Abspielen des Liedes auf der Rheinkirmes - um die geht es nämlich - zu untersagen, wenn der Verein nicht von sich aus das Lied von der Playlist gestrichen hätte?
Hier gilt dasselbe wie in der Würzburger Konstellation: Die Stadt hat den Veranstalter angefragt und dieser hat dann eigenständig die Playlist entsprechend vorgegeben, "Layla" also gestrichen. Die Verbotsfrage ist daher theoretisch. Um sie aber zu beantworten: Ja, es sind solche Fälle denkbar.
Würde beispielsweise die Liedauswahl so eingeschränkt, das am Ende Diskriminierungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) herauskämen oder würden jugendgefährdende Lieder gespielt, sind auch behördliche, also verwaltungsrechtliche Auflagen und Einschränkungen denkbar. Das heißt aber auch, dass wir in den üblichen juristischen Prüfungsschemata wären. Dann dürften zum Beispiel jugendgefährdende Inhalte nur zu später Stunde gespielt werden oder etwa nur noch in Zelten mit Einlass ab 18. Das wäre dann verhältnismäßig und ein viel geringerer Eingriff als ein totales Verbot im eigentlichen Sinne.
Bleiben wir theoretisch: Welche Möglichkeiten hätte eine Stadt denn, so ein Verbot durchzusetzen? Schickt man dann im Zweifel wirklich Einsatzkräfte, die dem DJ zu Leibe rücken?
Jetzt sind wir gedanklich noch ein paar Schritte weiter entfernt von Würzburg und Düsseldorf.
In Würzburg soll es eine privatrechtliche Vereinbarung geben, die allgemeine Kriterien für die Musikauswahl und speziell Streichungen für das "Donaulied" und "Layla" vorsieht. Dann ergibt sich auch aus dieser Vereinbarung, wie mit einem Vertragsverstoß umzugehen ist.
In Düsseldorf dürfte es dagegen – jedenfalls soweit aus der Medienberichterstattung ersichtlich - gar keinen Ansatzpunkt für ein Eingreifen bei der Rheinkirmes geben.
Hätten wir aber – wie gesagt theoretisch - eine Konstellation, die AGG- oder jugendschutzrelevant wäre, wäre die örtliche Ordnungsbehörde zuständig. Das Ordnungsamt in Düsseldorf ist während der Rheinkirmes auch außerhalb üblicher Verwaltungszeiten tätig. Erst nachrangig käme die Polizei in Betracht.
Aber auch hier muss man sich die Frage stellen, ob man nach der ganzen Gratiswerbung für "Layla" auch noch ein Foto mit Polizist am Mischpult produzieren möchte. Ich meine: nein.
Wo ist der Unterschied zu anderen Liedern aus diesem Genre, zum Beispiel "Dicke Titten, Kartoffelsalat", das unter dem gleichen Label wie "Layla" erschienen ist? Muss die Stadt solche Lieder dann nicht konsequenterweise auch streichen oder hat sie ein Ermessen, das Abspielen von Lied A zu untersagen, obwohl Lied B vergleichbaren, ggf. sexistischen Inhalt hat?
Das ist eine sehr spannende Frage, die aber – jedenfalls derzeit - wenig mit Jura zu tun hat.
Aber alle Städte, die sich sonst zur Charta der Vielfalt oder zu Anti-Sexismus bekennen, müssen sich doch fragen, wie sie diese Absichtserklärungen in tatsächliches Handeln umsetzen. Das müsste auch Veranstaltungen im öffentlichen Raum, aber natürlich auch interne Veranstaltungen ganz selbstverständlich umfassen.
Hier liegt aber das Dilemma auf der Hand: Welche Oberbürgermeisterin möchte jedes einzelne Lied auswählen und absegnen? Deshalb: Die gesellschaftliche Diskussion derzeit ist gut, auch Lied B gehört aber in die Diskussion hinein. Das sollte alles vor Ort entschieden werden.
Gibt es sonst noch etwas aus öffentlich-rechtlicher Sicht bei der "Layla"-Debatte zu beachten?
Ja: Die Prüflinge in den beiden juristischen Examen laufen nun natürlich Gefahr, mit der Liedauswahl auf Volksfesten, aber auch mit dem Gewerbe- und Marktrecht behelligt zu werden. Das ist klassisches öffentliches Recht und insofern ein geeigneter Aufhänger für eine schöne Prüfungsfrage – das sollte man auf dem Schirm haben.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Robert Hotstegs ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Düsseldorf, insbesondere spezialisiert auf Beamten- und Kommunalverfassungsrecht, über das er auch in der LTO immer wieder publiziert.
Juristisches zum "Layla"-Verbot: . In: Legal Tribune Online, 13.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49040 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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