2/2: Verbot von Weiterverkauf über eBay bisher unproblematisch
Dies bringt uns zu den Entscheidungen der deutschen Obergerichte zurück. Das OLG Karlsruhe ist davon ausgegangen, dass die Auswahlkriterien des beklagten Herstellers nicht unter den Tatbestand des § 1 GWB fallen würden. Auf die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Freistellung nach § 2 Abs. 2 GWB in Verbindung mit der Vertikal-GVO vorlagen, kam es deshalb nicht mehr an. Zur Begründung führte das OLG Karlsruhe aus, im europäischen Kartellrecht sei anerkannt, dass selektive Vertriebssysteme, bei denen die Auswahl der zugelassenen Wiederverkäufer nicht an quantitative Beschränkungen, sondern an objektive Gesichtspunkte qualitativer Art anknüpft, unter bestimmten Voraussetzungen als ein mit Art. 101 Absatz 1 AEUV vereinbarer Bestandteil des Wettbewerbs anzusehen seien, so dass es bereits an einer Wettbewerbsbeschränkung fehlen würde.
Nach Auffassung des OLG Karlsruhe genügten die Auswahlkriterien des beklagten Herstellers diesen Anforderungen. Die Auswahl der Wiederverkäufer knüpft an die fachliche Qualifikation sowie die sachliche Ausstattung an. Dies sei für die Anforderungen an die Fachkunde des Verkaufspersonals sowie an die Präsentation in den Einzelhandelsgeschäften im vorliegenden Fall unproblematisch gewesen. Dasselbe gilt aber nach Auffassung des OLG Karlsruhe auch für die Anforderungen an den Vertrieb der Markenprodukte über das Internet. Will der Händler über das Internet vertreiben, muss er über einen Internetauftritt verfügen, der den gestellten Anforderungen an Sachkunde und Präsentation genügt. Dies ist beim Vertrieb über eBay und vergleichbare Auktionsplattformen nach Auffassung des OLG Karlsruhe nicht der Fall.
Begründung des KG Berlin bleibt abzuwarten
Zu demselben Ergebnis kam mit anderer Begründung das OLG München in dem bereits erwähnten Sportartikel-Fall. Das Gericht hatte die Frage offengelassen, ob Wettbewerbsbeschränkungen durch Auswahlkriterien die für die Anwendbarkeit sowohl des Art. 101 AEUV als auch des § 1 GWB erforderliche Spürbarkeit zukommt. Denn jedenfalls sei das angegriffene Vertriebsverbot für Online-Plattformen wie eBay gem. Art. 101 Absatz 3 AEUV, § 2 GWB in Verbindung mit Art. 2 Vertikal-Verordnung freigestellt. Qualitätsanforderungen seien im Internethandel ebenso zulässig wie bei herkömmlichen stationären Verkaufsstellen oder Werbe- und Verkaufsfördermaßnahmen.
Die Obergerichte in Karlsruhe und München liegen somit auf einer Linie, während das Kammergericht Berlin nun einen anderen Weg einschlägt. Wie es zu diesem Weg gelangt, bleibt abzuwarten, da die Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen. Fest steht allerdings, dass der Streit erst durch eine höchstrichterliche Entscheidung ein Ende finden wird.
Der Autor Olaf Wolters ist Partner bei der Anwaltssozietät BOEHMERT & BOEHMERT. Seine Schwerpunkte liegen im Medien- und Urheberrecht. Darüber hinaus widmet er sich dem Jugendmedienschutz und dem Recht der digitalen Medien sowie der Medienregulierung und –aufsicht.
(Kein) Ausschluss von Billigplattformen: . In: Legal Tribune Online, 30.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9702 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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