2/2: Größe und Gewicht der Vögel sind sicherheitsrelevant
Um mögliche Gefahren, die von den Tieren ausgehen, zu bewerten, empfiehlt der Deutsche Ausschuss zur Verhütung von Vogelschlägen regelmäßige Biotopgutachten und Bewertungen der Gefahren für jeden Flughafen. So kann die Sicherheitsrelevanz von Vogelaufkommen für den Flugbetrieb identifiziert werden.
Diese beruht sowohl auf der Größe und dem Gewicht von Vögeln, als auch auf ihrer Gefahrneigung, d.h. ob sich die Art in den An- und Abflugwegen von Flugzeugen aufhält oder zu Schwarmbildungen neigt. So wird etwa der Große Brachvogel, obwohl er relativ groß und schwer ist, als weniger flugsicherheitsrelevant eingestuft, da er sich grundsätzlich von den Flugwegen fernhält.
Für den sicheren Flugbetrieb erscheint eine "vogelfreie" Umgebung als notwendig. Gestört, getötet oder zerstört werden dürfen die Tiere aber nicht, gibt § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vor. Ihre Ansiedelung kann aber von vorneherein verhindert werden, etwa durch elektroakustische Vergrämungen oder die Veränderung von Nahrungsmöglichkeiten z.B. durch die Bekämpfung von Mäusen als Nahrung für Greifvögel. Zudem lässt sich durch ein so genanntes Biotopmanagement, bei dem bestimmte Vogelarten bewusst angesiedelt werden, zugleich die Verwirklichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen vermeiden.
Im Zweifel für die Infrastruktur
Die Erfahrungen gerade an den großen Verkehrsflughäfen zeigen, dass ein sicherer Flugbetrieb ohne eine "Totalvergrämung" von Vögeln möglich ist. Die Schutzgüter der Luftsicherheit und des Vogelschutzes können einander so zugeordnet werden, dass jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt, wenn ihnen jeweils situationsbezogene Grenzen gesetzt werden.
Vogelschutz und Vergrämung setzen sich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenseitig Schranken. Die luftrechtliche Entscheidung kann unter Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Luftsicherheit bestimmen und die je nach Sachlage erforderlichen Ausnahmen von naturschutzrechtlichen Verboten erteilen.
Wichtig ist allerdings zu begreifen, dass eine Infrastrukturanlage grundsätzlich und vorrangig dem infrastrukturellen Zweck dient. Insoweit muss die Sicherung dieser Funktion Vorrang auch vor naturschutzrechtlichen Maßnahmen haben. Dies sieht auch die Europäische Vogelschutz-Richtlinie so. In Art. 9 der Richtlinie werden gerade Ausnahmen für den Fall, dass die Sicherheit des Luftverkehrs betroffen ist, zugelassen.
Der Autor Prof. Dr. Ulrich Hösch ist Partner im Münchner Büro der Kanzlei GvW Graf von Westphalen. Der Fachanwalt für Verwaltungsrecht befasst sich im Schwerpunkt mit den Themen Fachplanungsrecht, Luftverkehrsrecht, Umweltrecht und Immissionsschutzrecht sowie Öffentliches Baurecht.
Gefahrenabwehr im Luftverkehr: . In: Legal Tribune Online, 08.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26327 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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