2/2: "Zusammenschluss bietet rechtliche und tatsächliche Herausforderungen"
LTO: Welche Herausforderungen bringt ein Zusammenschluss von zwei Großkanzleien im Allgemeinen, und der von King & Wood Mallessons mit SJ Berwin im Speziellen mit sich?
Hartung: Das ist eine immense Aufgabe, es gibt Herausforderungen für das Management, und es gibt rechtliche Hürden, die derzeit nicht zu überwinden sind: Die allgemeinen Management-Herausforderungen sind sicher die "Angleichung" verschiedener Büros und Ethnien unter eine Kanzleikultur und ein Leistungsversprechen: Denn das ist ja die Idee der Global Firms, dass Mandanten, egal wo sie auf der Welt zu, sagen wir, King & Wood gehen, immer das gleiche Leistungsniveau vorfinden. Dieses Versprechen muss man einhalten, es erfordert erheblichen Integrationsaufwand.
Was die Verbindung mit SJ Berwin angeht, so wird es eine besondere Herausforderung für Legacy SJ Berwin sein – die hätten sich vor einigen Jahren vermutlich nicht träumen lassen, heute Teil einer chinesisch-australischen Firma zu sein. Aber auch hier gilt: Alle Bemühungen müssen auf Integration der verschiedenen Kanzleiteile gerichtet sein.
In rechtlicher Hinsicht weiß ich einfach nicht, wie man die IT-Systeme und alle Mandantendaten einer chinesischen mit einer europäischen Kanzlei zusammenlegen oder austauschen kann, ohne gleich den Datenschutzbeauftragten oder den Staatsanwalt oder beide am Hals zu haben. Vermutlich werden die Systeme voneinander abgeschottet. Es gibt außerdem noch zahlreiche andere Herausforderungen.
"Mit erhofften Mergerpartnern ist es wie mit Märchenprinzen, die nie kommen"
LTO: SJ Berwin wird seinen Namen zunächst in King & Wood Mallesons SJ Berwin, langfristig aber in King & Wood Mallesons ändern. Ist das Gerangel um solche und ähnliche Fragen, die sicher auch etwas mit Historie, Stolz und Status zu tun haben, oft ein schwieriger Punkt bei Fusionen, oder nur eine unbedeutende Fußnote?
Hartung: Natürlich gibt es Eitelkeiten bei der Namensfrage, aber das sollte man keineswegs überbewerten. Bei einem Merger of Equals kann es mit dem Namen schwierig werden, aber wir haben hier keinen Merger of Equals. Wichtiger ist der mit dem Namen verbundene Goodwill, den SJ Berwin bei seinen Mandanten hatte und hat, und man würde mit dem Namen auch gleich den Good Will über Bord werfen. Das wäre aber unklug. Nach einer Übergangszeit haben dann alle verstanden, dass Raider jetzt Twix heißt und der SJ Berwin Goodwill ist auf die neue Kanzlei übergegangen. Vermutlich entfällt dann auch gleich der Namensteil Mallesons und es bleibt bei King & Wood – ich würde nicht dagegen wetten.
LTO: SJ Berwin hatte lange Zeit nach einem Partner gesucht, unter anderem waren Orrick und Mayer Brown im Gespräch. Denken Sie, dass King & Wood Mallesons nun eine gute Wahl ist? Warum (nicht)?
Hartung: Ach, wissen Sie... wichtig ist doch, dass SJ Berwin endlich eine Entscheidung getroffen hat. Rein strategisch und langfristig gesehen ist das Segment, in dem K&WM tätig wird, erfolgversprechender als ein Mittelfeld. Daraus muss man jetzt etwas machen, und das wird auch klappen, trotz einiger noch anstehender Partnerverluste. Aber mit erhofften Mergerpartnern ist es wie mit den Märchenprinzen, die nie kommen: Oft entpuppt sich dann der Partner, den man stattdessen geheiratet hat, als Traumpartner. Wenn man hingegen sein Leben lang seinem Märchenprinzen oder der Traumfrau hinterherhängt, wird man nur unglücklich.
LTO: Herr Hartung, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Markus Hartung ist Rechtsanwalt und war viele Jahre Managing Partner von Linklaters in Deutschland. Seit 2010 ist er Direktor des Bucerius Center on the Legal Profession an der Bucerius Law School.
Die Fragen stellten Constantin van Lijnden und Tobias Kohl.
Markus Hartung, Zusammenschluss internationaler Großkanzleien: . In: Legal Tribune Online, 01.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9935 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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