"Forum Recht": Die Vor­be­rei­tung der Pla­nung beginnt

Gastbeitrag von Dr. Christian Rath

20.10.2020

Das Rechtsstaats-Projekt "Forum Recht" ist komplexer als erwartet. Es wird noch viele Jahre dauern, bis die beiden Häuser in Karlsruhe und Leipzig öffnen können. Christian Rath gibt einen Zwischenstand.

Das "Forum Recht" soll multimedial und interaktiv die Idee des Rechtsstaats vermitteln und erlebbar machen. Touristen, Schulklassen, Fachpublikum - das Forum Recht soll möglichst viele Zielgruppen erreichen. Es soll jedenfalls kein Museum mit Vitrinen und Exponaten werden. Oder nur ein bisschen. Aber es soll viel Interaktion geben: Rollenspiele etwa und Diskussionen. So wird das Forum Recht schon seit einigen Jahren beschrieben. Nun aber beginnt die Realisierung.

Und es gibt auch kein Zurück mehr. Denn seit Mai 2019 gibt es ein Forum-Recht-Gesetz, mit dem eine entsprechende Stiftung errichtet wurde. Hauptsitz der Stiftung ist Karlsruhe, wo auch die Idee entstand. Zweiter Standort ist Leipzig
Inzwischen sind zumindest die Gremien komplett. Das Kuratorium, dem BGH-Präsidentin Bettina Limperg vorsitzt, trifft die grundlegenden Entscheidungen. Ihm gehören 22 Mitglieder an, darunter elf Bundestagsabgeordnete. Vorsitzende des 30-köpfigen Beirats, der die rechtsnahe Zivilgesellschaft repräsentiert, ist Angelika Nußberger, bis 2019 Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, jetzt wieder Rechtsprofessorin in Köln.

Vor allem aber hat nun das Direktorium, das die eigentliche Aufbauarbeit leisten soll, seine Tätigkeit aufgenommen. Am Montag stellte sich die so genannte Gründungsintendanz in Karlsruhe erstmals der Öffentlichkeit vor. Direktorin ist Henrike Claussen. Sie leitete bisher das "Memorium Nürnberger Prozesse". Claussen ist Historikerin, hatte in Nürnberg aber viel mit Rechtsfragen zu tun. "Gedanklich habe ich immer mehr die Seiten gewechselt", sagte sie bei ihrer Vorstellung. Sie hat noch kein fertiges Konzept mitgebracht, sondern will dieses in den kommenden Monaten im intensiven Austausch mit dem Beirat entwickeln. 

Eröffnung erst 2030?

Vize-Direktor ist Stephan Barthelmess. Der studierte Kunsthistoriker war zuletzt Geschäftsführer der Kunsthalle in Mannheim. Er ist eher für die operativen Fragen des Baus und später des Betriebs zuständig, wobei Claussen und Barthelmess beide betonen, wie eng ihre Aufgaben zusammenhängen. Barthelmess bezeichnete das Forum Recht bei seiner Vorstellung als "Projekt der Stunde" - um zu betonen, wie wichtig es in den aktuellen Diskussionen, zum Beispiel um die Corona-bedingten Grundrechtseingriffe, sein könnte. 

Aber noch besteht der Aufbaustab nur aus vier Personen, inklusive Direktorium. Claussen ist seit einem Monat in Karlsruhe, Barthelmess seit zwei Wochen. Ein Eröffnungstermin für die beiden Häuser steht noch in den Sternen. Früher wurde hinter vorgehaltener Hand mal 2023 genannt, später dann 2026. Nun sagte Bettina Limperg, dass 2030 wahrscheinlicher sei als 2027. "Genaueres können wir nach dem Architekten-Wettbewerb sagen", versprach Limperg. Der Wettbewerb kann aber erst beginnen, wenn die strategischen Vorfragen über die Nutzung der Häuser geklärt sind. Im nächsten Jahr sollen die konkreten Vorbereitungen für den Architekten-Wettbewerb beginnen.

In Karlsruhe wird das Forum Recht am Rande des BGH-Geländes gebaut, hin zum Karlstor. So steht es zwar schon im Gesetz, doch in den letzten Monaten hat es in der Stadt noch einmal eine heftige Diskussion über Alternativstandorte gegeben, weil am Karlstor einige Bäume gefällt werden müssen. Anfang Oktober sprach sich der Karlsruher Gemeinderat jedoch mit großer Mehrheit (36 zu 8 Stimmen) für den vorgesehenen Standort aus, damit dürfe diese Diskussion abgeschlossen sein.

Keine strenge Ost-West-Aufteilung

In Leipzig soll das Forum Recht auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz stehen, einer größeren Brachfläche nahe dem Bundesverwaltungsgericht. Es wird dort Teil einer Neubebauung mit öffentlichen Gebäuden, Geschäften und Wohnungen sein. An beiden Standorten soll demnächst das Bebauungsplanverfahren beginnen.

Konzeptionell anspruchsvoll ist es, das Verhältnis der beiden Forum Recht-Häuser zueinander zu bestimmen. Klar ist bisher nur soviel: Es wird keine strenge Ost-West-Aufteilung geben. Das heißt in Leipzig wird nicht nur die DDR aufgearbeitet. "Es könnte aber eine Rolle spielen, dass Demokratie und Rechtsstaat in Ostdeutschland größere Akzeptanzprobleme haben als im Westen", sagte Jan-Marco Luczak, der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU. 

Seine Kuratoriums-Kollegin Renate Künast (Grüne) zeigte sich dagegen pragmatisch: zwei Standorte könnten für bessere Erreichbarkeit sorgen, "eine Schulklasse aus Flensburg hat es eben näher nach Leipzig als nach Karlsruhe." Direktorin Henrike Claussen sieht beide Häuser, aber "komplementär" zueinander. Dank zweier Standorte könne man sich sogar für zwei unterschiedliche Konzepte entscheiden, "was für ein Luxus". 

"Dritter Standort Internet"

Neben dem Karlsruher Initiativkreis um Bettina Limperg, der Verfassungsrichterin Susanne Baer und OB Frank Mentrup (SPD) hat sich inzwischen auch in Leipzig ein Initiativkreis gebildet, in dem vor allem Anwälte und Rechtswissenschaftler aktiv sind. Beide Initiativkreise arbeiten nun sogar unter dem gemeinsamen Dach des Fördervereins Forum Recht. Zwar hatte man in Karlsruhe die Aufspaltung auf zwei Standorte anfangs sehr skeptisch gesehen. Inzwischen haben sich die Protagonisten aber offensichtlich damit abgefunden, das Forum Recht nicht allein verwirklichen zu können bzw. zu dürfen. 

Angesichts der noch jahrelangen Durststrecke bis zur Eröffnung der beiden Häuser stellt sich aber immer mehr die Frage, wie das Forum Recht bis dahin sichtbar sein kann. Auch im Kuratorium hält man es für notwendig, die Mittel und Energien nicht ausschließlich auf den langfristigen Aufbau des neuen Projekts zu konzentrieren, sondern schon bald als Forum Recht auch Veranstaltungen anzubieten. 

Wegen Corona rückt hier eine Dimension ins Blickfeld, die bei den Forum Recht-Planungen schon immer mitgedacht war: Digitale Angebote im Cyberspace. Renate Künast brachte es auf die Formel: "Das Internet ist unser dritter Standort." 

 

Zitiervorschlag

"Forum Recht": . In: Legal Tribune Online, 20.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43158 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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