2/2: Auf die Verbraucherperspektive kommt es an
Die übermäßig positive Erwähnung oder Darstellung von selbst gekauften Produkten auf Social-Media-Kanälen ist eine geschäftliche Handlung zur Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens, auch wenn der Blogger nicht im Namen oder im Auftrag des Unternehmers handelt. Nicht immer wird der kommerzielle Zweck der Produkterwähnung dem Verbraucher dabei unmissverständlich deutlich.
Häufig wird der Nutzer zunächst einmal von einer privaten Meinungsäußerung des Bloggers ausgehen. Getarnte Werbung, also die mangelnde Kennzeichnung des tatsächlichen kommerziellen Zwecks, ist dann stets geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung (Kauf) zu veranlassen und damit unlauter. Es ist dabei unerheblich, was der Blogger tatsächlich beabsichtigt: Es kommt nur auf die objektive Wahrnehmung des Verbrauchers an. Dieser soll nämlich in seiner Entscheidungsfreiheit vor einer unzulässigen Verschleierung des Werbecharakters geschützt werden.
Dabei ist nicht entscheidend, wer das Produkt gekauft hat, sondern ob die Botschaft, die der Blogger übermittelt, getarnte Werbung darstellt, also unter dem Deckmantel einer privaten scheinbar neutralen Äußerung auftritt, obwohl sie tatsächlich Werbung ist. Verkürzt gesagt: Entscheidend ist nicht die Herkunft des Produkts, sondern ob am Ende getarnte Werbung steht.
Natürlich stellt nicht jede Erwähnung eines selbstgekauften Produktes Werbung dar. Kennzeichnungspflichten nach dem UWG bestehen nur bei geschäftlichen Handlungen. Rein private (werbliche) Empfehlungen an Freunde (auf dem privaten Blog) sind nicht kennzeichnungspflichtig. Für die professionelle Bloggerszene und die dahinter stehenden Unternehmen ist das Influencer-Marketing allerdings längst ein Business, auch wenn (oder gerade weil) es nicht danach aussieht.
Der Einfluss des Influencer-Marketings auf potentielle Kunden ist aufgrund der hohen Authentizität mittlerweile größer als bei Anzeigen- oder Bannerwerbung. Nicht wenige Blogger verdienen sehr viel Geld mit ihrer Tätigkeit. Mit steigender Follower-Zahl und Professionalität muss aber auch wachsende Verantwortung einhergehen.
Aber wo fängt Werbung an?
Wann die Grenze von der Meinung zur Werbung überschritten wird, ist nicht immer leicht zu beurteilen. Schleichwerbung kann nur angenommen werden, wenn der Beitrag klar werblich ist und sich von einer sachlichen Berichterstattung und der bloßen Meinungsäußerung abhebt.
Indizien für eine getarnte Werbung sind eine reklamehafte Sprache, die Übernahme von Bildmaterial des Produktherstellers, die Beschreibung der Ware im reklamehaften Stil, Kaufempfehlungen oder die Übernahme von Produkt- und Markenslogans. Entscheidend ist das "Wie" der Darstellung. Der unabhängige und neutrale Produkttest muss im Rahmen des Bloggens kennzeichnungsfrei bleiben. Gleiches gilt natürlich dann, wenn ein Produkt negativ bewertet wird. Insgesamt besteht ein nicht leicht zu durchdringendes Spannungsfeld zwischen der freien Meinungsäußerung und dem Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Einflussnahme durch verschleierte Werbung.
Die derzeitige Rechtslage ist in Teilen unübersichtlich und deshalb insbesondere für die Blogger unbefriedigend, die Gefahr laufen, abgemahnt zu werden. Risiken bestehen vor allem beim Eigenkauf. Dies zeigen bereits die Abmahnungen der Verbraucherverbände in diesem Bereich. Die Influencer-Szene changiert aktuell zwischen Unkenntnis und pauschaler Kennzeichnung von allen Posts, egal ob Werbung oder Meinung. Es mangelt bisher an Rechtsprechung, die dringend notwendig wäre für die weitere Rechtsfortbildung.
Dr. Martin Gerecke ist Rechtsanwalt bei CMS in Deutschland und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht.
Kennzeichnungspflichten beim Influencer-Marketing: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23274 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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