EuGH zur Probezeit bei Elternurlaub von Beamten: Kind darf kein Kar­rie­re­killer sein

von Dr. Nicole Wolf

11.09.2017

2/2: Rückkehr auf mindestens gleichwertigen Dienstposten

Auch zu den – rechtlichen wie praktischen – Folgen der Nichtanwendung derartiger nationaler gesetzlicher Regelungen hat sich der EuGH geäußert.

So ist der Dienstherr verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Beamte nach ihrer Rückkehr aus dem Elternurlaub in das ihnen zuvor zur Probe übertragene Beförderungsamt zurückkehren und ihre Probezeit fortsetzen können.

Sollte es für den Dienstherrn aus – von ihm nachzuweisenden – objektiv zwingenden Gründen unmöglich sein, den konkreten Beförderungsposten bis zur Rückkehr aus der Elternzeit unbesetzt zu lassen oder nur vorübergehend mit einem anderen Beamten zu besetzen, muss dem Beamten ein in jeder Hinsicht gleichwertiger Dienstposten zugewiesen werden, auf dem die Probezeit absolviert werden kann. Nach erfolgreicher Probezeit ist dem Beamten das Beförderungsamt endgültig zu übertragen.

Kein neues Auswahlverfahren

Abschließend hat der EuGH ausdrücklich klargestellt, dass die Übertragung des Beförderungsamtes auf Probe nach der Rückkehr aus dem Elternurlaub auch nicht von der Durchführung eines erneuten Auswahlverfahrens abhängig gemacht werden dürfe.

Die Luxemburger Richter machen mit diesem Urteil noch einmal ebenso aus- wie nachdrücklich deutlich, dass die europäische Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub sich mit Nachdruck der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen verschrieben hat. Die europarechtlichen Regelungen sollen hinsichtlich der Aspekte Kind und Karriere ein "Sowohl als auch" ermöglichen und die Betroffenen nicht zu einer "Entweder oder"-Entscheidung zwingen.

Die Entscheidung des EuGH dürfte ein Lichtblick für die Betroffenen sein, die sich für die Gründung einer Familie entschieden haben, zugleich aber auf berufliches Fortkommen nicht verzichten möchten. Dies gilt umso mehr, als der EuGH dem häufig vorgebrachten Argument der Dienstherren, es sei aus zwingenden dienstlichen Gründen unmöglich, einen Dienstposten während der Elternzeit für die Betroffenen freizuhalten, den Boden entzogen hat.

Über die Einhaltung der vom EuGH deutlich gemachten europarechtlichen Vorgaben müssen nun die deutschen Gerichte wachen, denen die Entscheidung des EuGH ein hohes Maß an Klarheit bringen dürfte.

Die Autorin Dr. Nicole Wolf war mehrere Jahre als Rechtsanwältin in der auf das Beamtenrecht spezialisierten Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft in Düsseldorf tätig. Seit Oktober 2016 lehrt sie als Professorin an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW im Bereich Öffentliches Recht.

Zitiervorschlag

EuGH zur Probezeit bei Elternurlaub von Beamten: . In: Legal Tribune Online, 11.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24457 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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