EuG: Tonfolge "Plimm Plimm" nicht schutzfähig: Wenn die Marke zwei Mal klin­gelt

von Sascha Pres

13.09.2016

"Plimm Plimm" – klingelt's da bei Ihnen? Nein? Beim EuG auch nicht – und deshalb können die zwei Noten auch nicht als Hörmarke eingetragen werden. Grundsätzlich sind jedoch auch solch kurze Tonfolgen schutzfähig, meint Sascha Pres.

Die gute Nachricht vorab: Die Hörmarke lebt und mit ihr auch alle anderen "Markenexoten". Denn die offene Definition des Art. 4 der Unionsmarkenverordnung (UMV) schränken die Entscheidungen des europäischen Markenamts (EUIPO) und des Gerichts der Europäischen Union (EuG) nicht ein, und auch die Hürden der Unterscheidungskraft werden nicht zu Lasten der Anmelder verschoben. Die  Eintragung von Hör-, Bewegungs-, Positions-, oder Farbmarken im Markenregister in Alicante bleibt grundsätzlich möglich, wenn auch in gewissen Grenzen.

Wo diese für Hörmarken verlaufen, hat am Mittwoch das EuG anhand eines Falles der brasilianischen Groupo Globo, einem der weltweit größten Medienkonzerne, aufgezeigt. Diese hatte bereits 2014 die Eintragung des nebenstehenden akustischen Zeichens beim EUIPO in Alicante für verschiedene Waren und Dienstleistungen beantragt, u.a. für Tonträger, Smartphones, Bücher sowie Übertragung von TV-Signalen.

Prägnantes Zeichen oder zu kurzer Schnippsel?

Nachdem das EUIPO die Eintragung mit dem Argument ablehnte, die Marke sei nicht unterscheidungskräftig, zog der TV-Riese vor Gericht. Ohne Erfolg. Denn auch das EuG stellt in seiner Entscheidung fest, dass die Marke ein einfacher Standardklingelton ohne besondere Charakteristik sei. Sie bleibe daher dem Publikum nicht als Hinweis auf ein Unternehmen im Gedächtnis. Außerdem würde eine Vielzahl elektronischer Geräte so klingeln, wie die Marke. Schließlich sei das Zeichen auch als Herkunftshinweis für einen TV-Sender zu banal, weil das Publikum das kurze Klingeln nur als Hinweis auf Beginn bzw. Ende des Programms verstehe. Daher fehlt der Marke auch nach Ansicht des EuG die sogenannte konkrete Unterscheidungskraft.

Die Schwierigkeit des Falles liegt hier neben der besonderen Kürze des Zeichens auch in der von der Anmelderin gewählten Darstellungsform. Die Eintragung einer Marke setzte bis zur Reform der Unionsmarkenverordnung Anfang dieses Jahres eine grafische Darstellung der Marke voraus; kein Problem bei Wörtern oder Bildern, schon schwieriger bei Farben oder Bewegungen und sicherlich herausfordernd bei Tönen, Gerüchen, Geschmäckern oder anderen ausgefallenen Markenformen. Die Hinterlegung einer Notation erschien daher bei Tönen ein probater Weg und wurde vom Markenamt in Alicante auch stets akzeptiert. Allerdings hat auch eine Notation deutliche Grenzen, nämlich dann, wenn es wie hier um den Schutz besonders kurzer Zeichen oder Geräusche geht.

Rettung durch andere Darstellungsform?

Die angemeldete Marke besteht aus zwei akzentuierten Gis’, notiert im Viervierteltakt, bei 147 Schlägen pro Minute, wobei der erste Ton eine viertel, der zweite Ton eine punktierte halbe Note ist, übergebunden in den nächsten Takt auf eine ganze Note Gis. Aus der Notation wird also lediglich ersichtlich, dass der erste Ton relativ kurz, der zweite relativ lang ist. Dieser Darstellung lässt sich jedoch nicht entnehmen, ob und welches Instrument die Töne spielt oder ob diese elektronisch erzeugt werden. Schließlich könnte der Klingelton "Plim Plim" auch gesungen werden und klänge im Bass zweifellos anders als im Sopran.

Insoweit fehlt der Darstellung also die Information über die Klangfarbe der beanspruchten Hörmarke. Der spezifische Klang einer Hörmarke beeinflusst aber auch immer die Unterscheidungskraft und ist daher für die Frage der Eintragungsfähigkeit bedeutsam. Denn auch wenn ein akustisches Zeichen besonders kurz ist, ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der Hörer einen spezifischen Klangeindruck erinnern kann. In diesem Fall wäre es unzulässig, dem Markeninhaber diesen Kommunikationskanal zu seinen Kunden abzuschneiden bzw. dessen Etablierung durch ein Versagen der Markeneintragung zu verhindern.

Es ist allerdings fraglich, ob die Anmelderin erfolgreicher gewesen wäre wenn sie ihrer Anmeldung keine Notation sondern bspw. ein Sonagramm beigefügt hätte. Denn das von der Groupo Globo verwendete "Plimm Plimm" ist tatsächlich nicht mehr als ein generisches Geläut. Weite Teile des europäischen Publikums dürften darin keinen Hinweis auf ein Unternehmen erkennen. Sollte dies anders sein, könnte Groupo Globo dies z.B. durch eine Verkehrsumfrage belegen und beweisen, dass auch das europäische Publikum dieses Klingeln als Ursprungssymbol versteht. Oder man wechselt von "Plimm Plimm" auf "Palim Palim", bekommt dann aber Schutz nur für "eine Flasche Pommes".

Sascha Pres ist Rechtsanwalt im Berliner Büro der Kanzlei Noerr. Als Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und für IT-Recht berät er in– und ausländische Mandanten zu allen Fragen des Schutzes und der Verwertung geistigen Eigentums, insbesondere im Marken- und Wettbewerbsrecht.

Zitiervorschlag

EuG: Tonfolge "Plimm Plimm" nicht schutzfähig: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20570 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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