3/3: Aufsichtskompetenz der EZB steht außer Frage
Der Vortrag der L-Bank, dass diese insbesondere dem Gesetz über die Landeskreditbank Baden-Württemberg sowie verschiedenen Aufsichtsbehörden, und zwar nicht nur der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), der Bundesbank und der EZB, sondern auch dem baden-württembergischen Finanzministerium unterfalle, überzeugte das Gericht jedenfalls nicht.
Als etwaiges Kriterium für eine besser geeignete Aufsicht führt das Gericht allerdings eine mögliche Vereinbarung zwischen den baden-württembergischen und den deutschen Behörden an, die eine Zusammenarbeit einfacher als mit der EZB machen würden. Dagegen belässt es das Gericht mit Blick auf die EZB bei der Feststellung, dass diese als Zentralbank "gut geeignet" sei, die übertragenen Aufgaben "wahrzunehmen, da sie über umfangreiches Fachwissen in makroökonomischen und die Finanzstabilität betreffenden Fragen verfügt".
Zwar besteht bezüglich der EZB grundsätzlich kein Begründungserfordernis für deren Eignung zur Bankenaufsicht, die Schlichtheit der Feststellung ist angesichts der hohen Anforderungen für die Geeignetheitsprüfung der nationalen Aufsichten jedoch mindestens bemerkenswert.
SSM als ausschließliche EZB-Zuständigkeit
Die Anwendung des Subsidiaritätsgrundsatzes lehnt das Gericht dagegen mit klassischem Argumentationsmuster ab. Dieser kommt gemäß Art. 5 Abs. 3 EUV nämlich nur in Bereichen zur Anwendung, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen. Die umfangreiche Analyse des Gerichts zur Reichweite der EZB-Zuständigkeiten im Rahmen der SSM-VO ist im Ergebnis zielsicher: Die VO enthalte keine Kompetenzverteilung zwischen der EZB und den nationalen Behörden. Sie übertrage der EZB vielmehr ausschließliche Zuständigkeiten im Verwaltungsverbund des einheitlichen Aufsichtsmechanismus mit dezentralisierter Umsetzung durch die nationalen Aufsichtsbehörden.
Die Ausführungen der L-Bank zum Subsidiaritätsgrundsatz bzw. zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz überzeugen das Gericht folglich nicht. Im Klartext: gegen die Einstufung der L-Bank als "unbedeutend" waren sie als Argumente schlicht – ungeeignet.
Ein leichtes Entkommen aus der supranationalen Bankenaufsicht ist damit insgesamt nicht möglich. Vor allem mit Blick auf die Wahrung der Finanzstabilität erscheint eine Verlagerung der Aufsicht weg von einer grundsätzlich zuständigen Behörde doch generell nur sinnvoll, soweit es die andere Behörde besser kann. Ansonsten würde das unionale Aufsichtssystem wohl zum Wunschkonzert. So gesehen festigt die Entscheidung die Position der EZB im System der Bankenaufsicht gegenüber den nationalen Aufsichten enorm.
Der Autor Prof. Dr. Christoph Herrmann, LL.M. hat den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Passau. Der Autor Aike Würdemann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter ebenda und promoviert derzeit zum einem bankenaufsichtsrechtlichen Thema.
EuG zur Klage der L-Bank gegen die EZB: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22952 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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