2/3: Gericht: Genau so gut reicht nicht
Mit einer Auslegung streng am Wortlaut des Art. 70 Abs. 1 der SSM-RahmenVO, der "spezifische und tatsächliche Umstände" verlangt, die eine Einstufung einer Bank als "bedeutend" "unangemessen" machen, bereitet das Gericht den Boden, auf dem die Argumente der L-Bank nicht gedeihen wollen.
Angesichts des eindeutig auf die Angemessenheitsprüfung beschränkten Wortlauts sei nämlich – und dies legt das Gericht mit einer irritierenden Selbstverständlichkeit dar – "im Allgemeinen" zwischen einer Angemessenheitsprüfung, die die Geeignetheit einer Maßnahme betreffe, sowie der Prüfung der Erforderlichkeit, d.h. der Frage nach einem milderen Mittel, zu differenzieren. Daraus folge "zwangsläufig", dass Prüfungsmaßstab nach Art. 70 Abs. 1 der SSM-RahmenVO nicht eine Geeignetheit nach dem Motto "genauso gut geeignet", sondern vielmehr eine solche ist, die danach fragt, ob die Aufsicht durch die nationalen zuständigen Behörden besser geeignet ist.
Enorme Anforderungen an die Beweislast
Die Geeignetheit hat in der bisherigen Rechtsprechung des EuG eine relativ unbedeutende Rolle gespielt bzw. war im Falle ihrer Anwendung lediglich auf die Frage der offensichtlichen Ungeeignetheit beschränkt. Vor diesem Hintergrund ist die Argumentation des Gerichts überraschend und gewöhnungsbedürftig. Das Gericht verleiht der unionsrechtlichen Geeignetheit damit eine neue Dimension.
Zwar können die Bewertungen der Banken durch die EZB überprüft werden, gleichzeitig sind aber die Anforderungen an Alternativmaßnahmen hoch angesetzt. Zudem werden nur solche akzeptiert, die eben besser geeignet sind. Diese unkonventionelle, normativ modifizierte Geeignetheitsprüfung verlangt eine regelmäßig wohl schwierige, qualitative Bewertung etwaiger "besserer" Alternativen – eine enorme Erhöhung der Anforderungen an die Beweislast.
EuG zur Klage der L-Bank gegen die EZB: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22952 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag