Abschaltung unrentabler Kraftwerke: Notwehr der Energieversorger?

Kraftwerksbetreiber sichern die Energieversorgung des Landes. Wenn sie unwirtschaftliche Anlagen abschalten wollen, brauchen sie deshalb eine spezielle Erlaubnis der Bundesnetzagentur. Diese wurde EnBW kürzlich verweigert; die entstehenden Verluste soll das Unternehmen zum Teil selbst tragen. Volker Boehme-Neßler erläutert, warum die Klage des Energieversorgers dennoch wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Der Energieversorger EnBW will an zwei süddeutschen Standorten vier Kraftwerksblöcke abschalten. Sie arbeiten nicht mehr wirtschaftlich. In Zeiten der Energiewende ist das allerdings sehr schwierig geworden. Ohne Genehmigung staatlicher Stellen dürfen Kraftwerke nicht vom Netz genommen werden.

Das wird für EnBW zum Problem, denn eine solche Genehmigung will die Bundesnetzagentur nicht erteilen, weil die Kraftwerke trotz mangelnder Wirtschaftlichkeit "systemrelevant" sind. Der Energieversorger legt dagegen Rechtsmittel ein. Ein Präzedenzfall, der interessante Rechtsfragen aufwirft.

Kraftakt und Konflikt

Die Energiewende verändert die Energieversorgung radikal. Der Anteil erneuerbarer Energien ist in den letzten Jahren rapide angestiegen. Strom aus Sonnenenergie und vor allem Windkraft ist aus dem Energiemix nicht mehr wegzudenken. Das ist kein Zufall, sondern politisch gewollt und gesteuert. Die Energiewende ist ein wirtschaftlicher, technischer und politischer Kraftakt, der noch nicht gelungen ist. Wie bei allen tiefgreifenden Umwälzungen, tauchen auch hier neue Probleme auf, mit denen vorher nicht gerechnet wurde. Das führt zu vielfältigen Reibungen und Konflikten.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist ein wichtiger Motor der Energiewende. Die garantierte und großzügige Einspeisevergütung für Strom aus regenerierbaren Energiequellen hat sich wie geplant als starker Anreiz erwiesen. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es sehr profitabel geworden, Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren und in die Netze einzuspeisen.

Diese Profitabilität hat jedoch auch eine Kehrseite: Der Betrieb herkömmlicher Kraftwerke wird zunehmend unwirtschaftlich. Strom aus Windkraft zu produzieren, lohnt sich inzwischen deutlich mehr, als ein Kohle- oder Gaskraftwerk zu betreiben. Auf den ersten Blick sollten die Konsequenzen daraus klar sein. Konventionelle Kraftwerke, die nicht mehr profitabel sind, müssen abgeschaltet werden und vom Netz gehen. Im Endeffekt ist das ja das Ziel der Energiewende: konventionelle Kraftwerke sollen durch alternative Energieerzeugung überflüssig werden. Nur so lassen sich die angestrebten Klimaschutzziele erreichen.

Auf die Versorgungssicherheit kommt es an

Wo also liegt das Problem? Der entscheidende Punkt ist die Versorgungssicherheit. Im deutschen Stromnetz muss sichergestellt sein, dass auch bei unterschiedlichsten Witterungslagen immer genügend Strom produziert und transportiert wird. Deshalb hat der Gesetzgeber in § 13a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ein strenges Verbot formuliert. Kraftwerke ab einer bestimmten Größe dürfen nicht abgeschaltet werden, wenn sie systemrelevant sind. Sie müssen als Netzreserve weiter betrieben werden.

Um es zu zuspitzen: wenn wegen der Wetterlage zu wenig Strom aus Wind-oder Sonnenkraft gewonnen wird, müssen Kohle-und Gaskraftwerke einspringen. Das kann für die Energieversorger ökonomisch bitter sein. Sie dürfen ein systemrelevantes Kraftwerk auch dann nicht abschalten, wenn es völlig unrentabel arbeitet. Zum Ausgleich gibt Ihnen § 13 a EnWG einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Was der Gesetzgeber unter einer angemessenen Vergütung versteht, hat er in der Reservekraftwerksverordnung (ResKV) näher definiert.

Zitiervorschlag

Volker Boehme-Neßler, Abschaltung unrentabler Kraftwerke: . In: Legal Tribune Online, 27.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10783 (abgerufen am: 01.11.2024 )

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