Die Textilbranche klagt derzeit vor verschiedenen Landgerichten gegen die Ökostrom-Umlage, die sie für verfassungswidrig hält. Für Mittwoch wird ein Urteil aus Stuttgart erwartet. Anlass genug, um einen Blick auf die fehlgeleitete Energie-Debatte zu werfen, die letztlich dem Klimaschutz schadet und auf Nebenkriegsschauplätzen ausgetragen wird, meint Felix Ekardt.
Die aktuelle allgemeine Aufregung um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird seit kurzem bereichert durch ein Urteil des Landgerichts (LG) Bochum. Dort hatte ein Textil-Unternehmen mit hohem Stromverbrauch gegen Netzbetreiber und Stadtwerke auf Rückzahlung der Ökostrom-Umlage geklagt. Seine Kritik richtete sich darauf, dass die Stadtwerke – wie vertraglich vereinbart – die EEG-Umlage an das Unternehmen als Stromkunden weiterreichten.
Entsprechende Klagen von Unternehmen aus der Textilbranche sind derzeit auch vor den Landgerichten in Chemnitz und Stuttgart anhängig. Ein Urteil aus Baden-Württemberg wird für den kommenden Mittwoch erwartet.
Bekanntlich werden die Festpreise für Strom aus erneuerbaren Energien durch eine Umlage finanziert, die von den Netzbetreibern an private und gewerbliche Stromkunden weitergeleitet wird, ohne dass freilich eine gesetzliche Pflicht zu einer solchen Weiterbelastung bestünde. Die Textil-Unternehmen rügen nur vor den Gerichten implizit, die EEG-Umlage sei verfassungswidrig, weil sie eine unzulässige Sonderabgabe sei.
EEG nicht verfassungswidrig
Die Bochumer Richter haben die Klage abgewiesen. Die Frage der Verfassungswidrigkeit könne dahin stehen, weil die vertraglich vereinbarte Zahlungspflicht selbst dann weiter bestünde, wenn die EEG-Umlage tatsächlich verfassungswidrig wäre (Urt. v. 06.11.2012, Az. I-12 O 138/12).
Allerdings hat der Bundesgerichtshof schon vor vielen Jahren entschieden, dass das dem EEG zugrunde liegende System einer Stromfestvergütung auf Kosten aller Stromkunden keine Sonderabgabe ist. Beim EEG nimmt nämlich der Staat gerade kein Geld ein, was für eine Abgabe aber Voraussetzung wäre. Vielmehr schulden die Netzbetreiber den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien die Vergütung und holen sich dieses Geld sodann, wenn sie dies wünschen, von den Stromkunden wieder.
Unabhängig davon könnte man auch die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufgestellten Anforderungen an Sonderabgaben kritisieren. Denn sie stehen nirgends im Grundgesetz, und der Grundgedanke des BVerfG, dass der Staat vorrangig Steuern nutzen und sonstige Abgaben ein seltener Ausnahmefall sein sollten, erscheint wenig einsichtig. Das EEG verletzt auch nicht die Grundrechte von Unternehmern und Verbrauchern aus Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Denn das EEG dient dem Klimaschutz sowie einer langfristig sicheren Energieversorgung. Und diese Belange sind durch die Grundrechte auf Leben, Gesundheit und ein Existenzminimum aus Art. 2 Abs. 2, 2 Abs. 1 GG ebenfalls geschützt. Überdies gelten die Menschenrechte nicht nur hier und heute, sondern auch generationenübergreifend und global – und das wird bei der existenziellen, aber sehr langfristig ablaufenden Katastrophe Klimawandel konkret relevant.
Felix Ekardt, Klagen gegen die EEG-Umlage: . In: Legal Tribune Online, 20.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8183 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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