Eckpunktepapier zum Mietrecht: Justizministerium ebnet den Weg für Niedrig-Energie

Pia Lorenz / LTO-Redaktion

13.10.2010

Ob Hauseigentümer ihre Gebäude aus ökologischen Gründen sanieren müssen, wird seit Monaten heiß diskutiert. Welche Auswirkungen das für Mieter haben könnte, ist hingegen bisher wenig publik geworden. Nun plant das Justizministerium Änderungen im Mietrecht, die durchaus bemerkenswert sind. Und will nebenbei noch das Mietnomadentum bekämpfen und Räumungen vereinfachen.

Ein der LTO vorliegendes "Eckpunktepapier für Regelungen zur Erleichterung energetischer Modernisierungen und zur vereinfachten Durchsetzung von Räumungstiteln" des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) sieht einige Reformen im Bereich von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, aber auch zur Bekämpfung von Mietnomadentum und schließlich eine vereinfachte Räumung vor.

Hinter dem Entwurf steckt, wie der Name des Papiers schon sagt, vor allem die Erleichterung energetischer Modernisierungen. Den Begriff der energetischen Modernisierungen will das BMJ legaldefinieren, dazu zählen in Zukunft wohl auch die Installation von Solaranlagen oder die Umstellung von Öl- auf Holzpelletheizungen.

Unabhängig von der Ausgestaltung im Einzelnen dürfte die vom BMJ geplante "Erweiterung des Tatbestands" der Modernisierung in jedem Fall eine Ausweitung der Pflicht des Mieters bedeuten, wegen der Modernisierung eine höhere Miete zu zahlen.

Mieterhöhung unabhängig vom persönlichen Nutzen des Mieters

Zwar findet sich die Modernisierung "zur nachhaltigen Einsparung von Energie oder Wasser" bereits seit dem Jahr 2001 in § 559 BGB. Die Vorschrift regelt, wann eine Mieterhöhung – um derzeit maximal 11 Prozent - bei Modernisierung des Mietobjekts zulässig ist.

Mit der nun vorgesehenen Erweiterung des Tatbestandes der Modernisierung würde allerdings klar gestellt, dass nicht nur solche Maßnahmen den Mieter zur Zahlung eines erhöhten Mietzinses verpflichten, von denen dieser auch profitiert.

Vielmehr sollen die Kosten der Modernisierungsmaßnahme auch dann auf den Mieter umgelegt werden können, wenn dieser rein rechnerisch nicht spart, also gemessen an der verbrauchten Energie keinen finanziellen Vorteil hat. Anders als nach geltender Rechtslage wäre demnach für eine Mieterhöhung zukünftig eine ökologisch sinnvolle Modernisierungsmaßnahme ausreichend.

Duldungspflicht im Interesse der Umwelt

Konsequent an der ökologischen Zielsetzung orientiert ist auch der geplante Ausschluss des Minderungsrechts des Mieters, wenn er durch energetische Modernisierungsmaßnahmen beeinträchtigt wird, zu denen der Vermieter rechtlich verpflichtet ist.

Auch andere Modernisierungsmaßnahmen, die der Vermieter von Gesetzes wegen durchführen muss, oder aber, wenn er eine Mieterhöhung wegen der Modernisierung gar nicht verlangt, hat der Mieter zukünftig vorbehaltlos zu dulden. Abzuwarten bleibt in dem Kontext natürlich, ob und inwieweit es überhaupt eine Verpflichtung von Hauseigentümern zur energetischen Sanierung geben wird.

Auswirkungen der vorgesehenen Änderungen auf die derzeit bestehenden Sonderkündigungsrechte des Mieters ergeben sich aus dem Eckpunktepapier nicht unmittelbar. Das Papier enthält keine Angaben dazu, ob der Mieter bei Modernsierungsmaßnahmen auch weiterhin außer der Reihe kündigen und damit nach geltendem Recht seiner Duldungspflicht entrinnen können soll – wie angesprochen soll diese ja künftig "vorbehaltslos" sein.

Mehr Einvernehmen, weniger Formalien

Wem all das irgendwie bekannt vorkommt, der hat völlig Recht: Die zukünftigen Regelungen zur Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen sollen sich anlehnen an diejenigen zur Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete. Mietrechtler, die nun die Kasse klingeln hören, sollten ihre Euphorie allerdings etwas bremsen.

Denn die formalen Hürden sollen hier reduziert werden, die Vermieter bei der Mieterhöhung nehmen müssen und aufgrund deren Nichtbeachtung Mieterhöhungen häufig unwirksam sind: Neben einem nun kodifizierten Hinweis auf die Möglichkeit, Modernisierungsvereinbarungen abzuschließen, soll auch die Modernisierungsankündigung selbst einfacher zu erstellen sein, weil der Vermieter dabei auf Pauschalwerte Bezug nehmen darf. Sehr detaillierte Angaben und damit möglicherweise im Streitfall auch teure und aufwändige Gutachten entfielen damit.

Ähnlichen Effizienzzwecken dürfte auch dienen, dass die Eckpunkte eine zeitliche Beschränkung vorsehen, wenn der Mieter Härtegründe gegen Modernsierungsmaßnahmen vorbringen will. In Zukunft ist das nur noch sechs Monate lang möglich.

Gegen das Mietnomadentum

Sicherlich weniger medienwirksam, rechtlich allerdings durchaus nicht zu vernachlässigen ist die vorgesehene Kodifizierung des so genannten Berliner Modells (auch "Berliner Räumung“).

Bei dem vom Bundesgerichtshof abgesegneten, aber bisher nicht gesetzlich normierten Modell kann der Vermieter die Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO auf die Herausgabe der Wohnung beschränken, wenn er an sämtlichen in den Räumen befindlichen Gegenständen ein Vermieterpfandrecht geltend macht.

Der Gerichtsvollzieher muss dann nur die Wohnung herausgeben, Aufwand und Kosten des Räumungsverfahrens, dessen weiteren Verlauf das BMJ ebenfalls regeln will, reduzieren sich erheblich.

Schließlich will das Justizministerium dem Mietnomadentum weiter dadurch vorbeugen, dass es die Möglichkeiten des Vermieters erweitert, fristlos zu kündigen, wenn die Kaution nicht, verspätet oder nur teilweise gezahlt wird. Dieser Punkt ist gegenwärtig häufig Gegenstand von Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter.

Demselben Ziel dient auch die vorgesehene Möglichkeit, sich gegen dritte Personen zu wehren, die am Mietverhältnis gar nicht beteiligt sind. Macht zum Beispiel ein Untermieter ein Besitzrecht an der Wohnung geltend, will das BMJ dem Vermieter nun die Möglichkeit geben, per einstweiliger Verfügung schnell an einen vollstreckbaren Titel auch gegen diesen Dritten zu kommen.

Das Ende der Luxussanierungen nach dem Münchener Modell

Zu guter Letzt will das Justizministerium auch eine derzeit bestehende Lücke im Mieterschutz schließen. Derzeit kann der Mieter sich auch dann nicht auf den Schutz des § 577a BGB vor Eigenbedarfskündigungen berufen, wenn eine Umwandlung in Wohnungseigentum erst nach einer entsprechenden Eigenbedarfskündigung (wegen des Bedarfs des GbR-Gesellschafters) durch die erwerbende BGB-Gesellschaft erfolgt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat für diesen Fall die analoge Anwendbarkeit des § 577a BGB verneint. Dies will das BMJ nun korrigieren, damit Mieter auch in Fällen, in denen zwecks Luxussanierung planmäßig Mieterrechte umgangen werden, weiterhin drei bis sieben Jahre vor Eigenbedarfskündigungen geschützt sind.

Es bleibt abzuwarten, ob das Eckpunktepapier letztlich umgesetzt wird. Nach Informationen der "Welt" bestehen durchaus noch Reibungspunkte zwischen FDP und CDU insbesondere bezüglich des vorgesehenen Ausschlusses der Mietminderung.  Die CDU wolle diesen auf drei Monate begrenzen. Das letzte Wort dürfte hier in mehrfacher Hinsicht noch nicht gesprochen sein.

Zitiervorschlag

Eckpunktepapier zum Mietrecht: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1709 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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