2/2: Entwurf mal zu hart und mal zu lasch
Neben dieser grundsätzlichen Kritik moniert der DAV teil die konkrete Ausgestaltung des Entwurfsvorhabens. So sei die Idee, medizinisch ausgebildeten Flüchtlinge temporär eine Heilkundeausübung zu gestatten, nicht grundsätzlich falsch, denn gerade in großen Aufnahmezentren gibt es zu wenige Ärzte für die Aufgenommenen. Nach dem Gesetzentwurf reicht jedoch schon die eidesstattliche Erklärung eines Flüchtlings aus, um andere Schutzsuchende medizinisch behandeln zu dürfen. Hieraus ergeben sich erhebliche haftungsrechtliche Risiken für den Behandelnden selbst und ggf. auch für das leitende medizinische Personal. Daher sähe der DAV gern eine zustätzliche "Kenntnisprüfung" in dem Papier, um wenigstens oberflächlich die Eignung der freiwilligen Mediziner beurteilen zu können.
Unverändert bleibt im Entwurf der Gedanke, zeitweise von verschiedenen sonst geltenden Standards und Vorgaben abweichen zu dürfen. Mit Blick auf das Baurecht hält der DAV dies jedoch für bedenklich. Objektiv bestehe zwar ein "dringendes Bedürfnis für die Bereitstellung von Unterbringungsmöglichkeiten". Dies führe jedoch zunehmend dazu, dass diese unter offensichtlichem Verstoß gegen baurechtliche Grundlagen geschaffen würden. Insbesondere die Generalermächtigung des geplanten § 246 Abs. 14 S. 1 Baugesetzbuch, der es ermöglichen soll, von sämtlichen Vorschriften des Bauplanungsrechts abzuweichen, gehe eindeutig zu weit.
Kleine Kniffe, große Wirkung
Schließlich diskutierten die Workshop-Teilnehmer diverse Nebenschauplätze der Flüchtlingskrise und denkbare Lösungen. Dabei spielte unter anderem die Unterbringung in privatem Wohnraum eine Rolle. Zugunsten syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge lassen die Behörden einen erweiterten Familiennachzug zu, sofern die hier lebenden Verwandten oder Dritte den Lebensunterhalt nach Maßgabe einer "Verpflichtungserklärung" privat tragen. Auch die Länder können durch eine solche Art "Bürgschaft" die Unterbringung im privaten Umfeld und damit die Integration in die Gesellschaft vorantreiben. Wegen der unbefristeten Verwantwortung wird von dieser Möglichkeit jedoch nur selten Gebrauch gemacht, weshalb vorgeschlagen wurde, die Dauer der Verpflichtungserklärung auf maximal vier Jahre zu begrenzen.
Außerdem thematisiert wurde der erleichterte Zugang für diejenigen Asylbewerber, die ein konkretes Jobangebot oder einen Studienplatz vorweisen können. Die Zusammenfassung des DAV-Workshops mit allen Referenden und Themen gibt es in Kurzform hier nachzulesen.
Marcel Schneider, DAV-Workshop zum Asylpaket: . In: Legal Tribune Online, 24.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17002 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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