BVerwG zum baden-württembergischen Beamtenrecht: Bun­des­land darf Son­der­wege gehen

von Frank Wieland

22.04.2016

2/2: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch Verwaltungsakt

Ebenfalls am Donnerstag hat das BVerwG entschieden, dass die Regelung, nach der Beamte in Baden-Württemberg durch behördliche Disziplinarverfügung entlassen werden können, verfassungskonform ist (Urt. v. 21.04.2015, Az. 2 C 4.15). Auch hier geht das Bundesland einen Sonderweg. Hält eine dortige Disziplinarbehörde nach dem Ergebnis der Ermittlungen ein Dienstvergehen für erwiesen und eine Disziplinarmaßnahme für erforderlich, ist eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Diese darf auch die Höchstmaßnahmen – Zurückstufung oder gar Entlassung aus dem Beamtenverhältnis –verfügen.

Im Bund und den übrigen 15 Bundesländern wird hier differenziert zwischen der Zuständigkeit der Disziplinarbehörde, die etwa nach § 33 Abs. 1 BDG durch Disziplinarverfügungen einen Verweis, eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge oder einer Kürzung des Ruhegehalts aussprechen darf, und der Notwendigkeit zur Erhebung einer Disziplinarklage, wenn gegen den Beamten auf Zurückstufung, auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden soll (vgl. § 34 BDG). Hier erstreckt sich die Disziplinargewalt der Disziplinarbehörden also nicht auf sogenannte statusberührende Disziplinarmaßnahmen, welche dort unter Richtervorbehalt stehen.

In Baden-Württemberg kein Richtervorbehalt

Anders stellt sich die Rechtslage auf der Grundlage des § 38 LDG-BW dar. Hier werden sämtliche Disziplinarmaßnahmen gegenüber Landesbeamten, also auch die Höchstmaßnahmen, durch die Disziplinarbehörden mittels Disziplinarverfügung ausgesprochen, gegen die der betroffene Beamte dann vor den zuständigen Gerichten um Rechtsschutz nachsuchen kann. Im zu entscheidenden Fall hatte das BVerwG zu überprüfen, ob diese weitgehende behördliche Kompetenz mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Insbesondere in der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass es sich bei der gerichtlichen Kompetenz für die disziplinaren Höchstmaßnahmen um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG handelt. In diesem Kontext wird teilweise auch mit dem Lebenszeitprinzip argumentiert, welches der Beendigung eines Beamtenverhältnisses durch Verwaltungsakt entgegenstehe.

Dieser Auffassung folgt das BVerwG nicht: Es führt aus, dass es keinen mindestens unter der Verfassung von Weimar geltenden Grundsatz dahingehend gebe, dass Beamte nur im Verfahren der Disziplinarklage entlassen werden könnten. Grundsätze des Berufsbeamtentums würden der Entfernung durch behördliche Disziplinarverfügung, die im Nachgang einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden könne, nicht entgegenstehen. Das BVerwG betont in diesem Zusammenhang, dass den Landesbeamten in Baden-Württemberg ein umfassender nachträglicher Rechtsschutz vor den Disziplinargerichten, denen eine eigene Disziplinarbefugnis zustehe, eröffnet sei. Von der gerügten Verfassungswidrigkeit der behördlichen Disziplinarbefugnis ist das BVerwG deshalb nicht überzeugt.

Baden-Württemberg vermeidet dadurch die Beibehaltung einer nicht in das System der Verwaltungsgerichtsordnung passenden Klageart sui generis. Um ein "rechtliches Relikt" handelt es sich bei der Disziplinarklage natürlich noch nicht, da Baden-Württemberg bislang alleine diesen Sonderweg eingeschlagen hat.

Frank Wieland ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Seine Kanzlei ist spezialisiert auf sämtliche Fragen des öffentlichen Dienstrechts.

Zitiervorschlag

Frank Wieland, BVerwG zum baden-württembergischen Beamtenrecht: . In: Legal Tribune Online, 22.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19184 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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