Eine Kampfhundesteuer von 2.000 Euro pro Jahr kommt einem Verbot der Kampfhundehaltung gleich. Das entschied das BVerwG am Mittwoch und konstatierte erstmals eine "erdrosselnde Wirkung". Zur Begründung stellt das Gericht auf die durchschnittlichen sonstigen Haltungskosten und die Steuer für Nicht-Kampfhunde ab. Viel Erkenntniswert bringt das nicht, finden Anja Balitzki und Christina Bick.
Die Gemeinde Bad Kohlgrub in Bayern darf für einen Kampfhund dessen Besitzer keine Kampfhundesteuer in Höhe von 2.000 Euro jährlich abknöpfen. Das steht nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) von Mittwoch fest.
Auch wenn die Leipziger Richter nicht grundsätzlich etwas gegen eine erhöhte Hundesteuer für als solche gelistete Kampfhunde einzuwenden haben, darf diese jedenfalls nicht 26 mal so hoch sein wie der Steuersatz für einen normalen Hund und auch nicht den durchschnittlichen sonstigen Aufwand für die Hundehaltung übersteigen. In einer derart hohen Steuer sieht der 9. Senat eine faktische Verbotswirkung, welche auch mit dem Lenkungszweck, Kampfunde der gelisteten Rassen aus dem Gemeindegebiet zurückzudrängen, nicht zu rechtfertigen sei (BVerwG, Urt. v. 15.10.2014, Az. 9 C 8.13).
Mit dieser Argumentation reiht sich das Urteil des BVerwG ein in eine Anzahl verwaltungsrechtlicher Entscheidungen verschiedener Instanzen bis zu einem Normenkontrollverfahren zur Höhe bzw. zur Erhöhung der Hundesteuer.
BVerwG: Verbotscharakter statt Finanzierungsfunktion
Mit der Entscheidung vom Mittwoch haben die Leipziger Richter aber erstmals eine "erdrosselnde Wirkung" der Kampfhundesteuer anerkannt.
In der modernen Gesellschaft dienen – mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) - Steuern auch als zentrales Lenkungsinstrument aktiver staatlicher Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Ihre Höhe richtet sich nach dem Ermessen der Kommune in Verbindung mit dem Gebot der Steuergerechtigkeit.
Nach der Rechtsprechung der Karlsruher Richter sind die Grenzen bei ihrer Festsetzung dann erreicht, wenn die Steuer nach Gewicht und Auswirkung eine Verhaltensalternative derart belastet, dass diese wegen der erdrosselnden Wirkung der Steuer praktisch ausscheidet – und so einem Verhaltensgebot nahekommt (BVerfG, Urt. v. 07.05.1998, Az. 2 BvR 1991/95). Die Finanzierungsfunktion der Steuer schlägt dann in eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter um (BVerfG, Urt. v. 22.05.1963, Az. 1 BvR 78/56).
Viel Interpretationsspielraum bleibt
Rechtssicherheit bringt das Urteil nicht. Auch wenn die Kampfhundesteuer nach allgemeiner Ansicht aufgrund ihres Lenkungszweckes höher sein darf als eine reguläre Hundesteuer, bleibt zumindest bis zur Veröffentlichung der Entscheidungsgründe weiter offen, wo ihre Grenze der Höhe nach zu ziehen ist.
So ergibt sich aus der Pressemitteilung des BVerwG nicht, wie hoch konkret die durchschnittlichen sonstigen Kosten der Hundehaltung sind, auf welche die Richter abgestellt haben, oder ob die zulässige Höhe der Steuer den Jahreskosten bzw. einem konkreten Prozentsatz dieser Kosten entsprechen darf.
Klar ist jetzt nur, dass 2.000 Euro für eine Kampfhundesteuer zu viel sind. Eigentlich kann auch nur die Höhe der Steuer an sich, nicht aber die Differenz zur Nicht-Kampfhunde-Steuer wesentlich sein für die Anerkennung der Erdrosselungswirkung. Dennoch stellten die Bundesrichter auch in früheren Entscheidungen bereits auf dieses Verhältnis ab und beanstandeten einen achtfach höheren Steuersatz für Kampfhunde nicht (Urt. v. 19.01.2000, Az. 11 C 8.99). Die Höhe betrug damals 720 DM im Vergleich zu 90 DM jährlich. Heute entsprechen die Beträge in dieser Gemeinde etwa der gleichen Zahl in Euro.
Daraus ergibt sich ein Interpretationsspielraum zwischen der als zulässig angesehen Untergrenze von 720 DM (heute also vermutlich etwa derselbe Betrag in Euro), und 2.000 Euro, welche das BVerwG als zu hoch ansieht. Das ist nur eine vage Grenze, die für andere Gemeinden und Bürger wenig Anhaltspunkte liefert.
Man kann hoffen, dass diese Aspekte in den Urteilsgründen noch detaillierter ausgeführt werden. Der Verwaltungsgerichtshof München als Vorinstanz hatte eine Untersuchung der Universität Göttingen als Benchmark herangezogen und hielt eine jährliche finanzielle Belastung von 900 Euro bis 1.000 Euro für plausibel (Bayerischer VGH, Urt. v. 25.07.2013, Az. 4 B 13.144).
Dr. Anja Balitzki, LL.M. ist Associate bei Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbH in Düsseldorf.
Christina Bick, LL.M. ist Leiterin Recht und Vorstandsprojekte bei der ELV Elektronik AG. Beide haben sich bereits eingehend mit der rechtlichen Bewertung der Hundesteuer beschäftigt.
BVerwG sieht "erdrosselnde Wirkung": . In: Legal Tribune Online, 16.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13510 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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