2/2: Vorherrschende Meinung der OVG irrte
Das ist in sich stimmig und konsequent, bedeutet aber eine Kehrtwende für die Rechtsprechung vieler anderer Bundesländer. So hatten namentlich etwa das OVG Nordrhein-Westfalen, das Niedersächsische OVG und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) bis in die jüngste Vergangenheit die gegenteilige Position bezogen. Sie waren der Auffassung, dass ein Abweichen "nach oben" zwar regelwidrig sei, aber der einzelne Beamte dies nicht rügen dürfe.
So sei es quasi denkbare Unternehmenspolitik, A7-Beamte auf einem A9-Dienstposten einzusetzen und damit auch stets das Risiko der Überforderung oder der Schlechtleistung einzugehen. Die Rechte des Einzelnen würden diesen Auffassungen nach jedenfalls nicht verletzt. Dementsprechend scheiterten in der Vergangenheit Klagen und Eilverfahren vor diesen Gerichten.
Das verschaffte der Deutschen Telekom AG und ihrer Personalpolitik unverdienten Rückenwind. Dieser ging sogar soweit, dass die Telekom ernsthaft in den gerichtlichen Verfahren vortragen ließ, der betroffene Beamte habe doch gar keinen Nachteil, im Gegenteil, er könne doch sogar auf seinem Dienstposten viel besser und schneller befördert werden. Das wirkte nur auf den ersten Blick plausibel, es war von der Praxis des Beamtenrechts tatsächlich meilenweit entfernt.
Beförderung als Lockmittel, die Überforderung zu akzeptieren
Denn ebenso wie das Beamtenrecht die Amtsangemessenheit des Dienstpostens kennt, funktioniert es auch nach dem Prinzip der Bestenauslese. Befördert wird daher nicht (zwingend) derjenige, der auf einem höheren Dienstposten sitzt, sondern derjenige, der sich anhand von dienstlichen Beurteilungen hierfür als bester Kandidat erweist. Indem die Telekom die Beförderung geradezu lockend in Aussicht stellte, konterkarierte sie das Beamtenrecht ein weiteres Mal.
Umso erfreulicher ist es nun, dass das BVerwG der deutlichen Linie der Vorinstanzen folgte und sich nicht der scheinbar zahlenmäßig herrschenden Meinung anderer Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe anschloss - denn damit gibt es kein weiteres Sonderrecht für die Telekom und ihre Post-Schwestern. Sie müssen sich weiterhin damit arrangieren, dass sie an das Postpersonalrecht und das Bundesbeamtenrecht gebunden sind, bis der letzte Postbeamte den Ruhestand erreicht oder die Postnachfolgeunternehmen verlassen hat.
Der Gesetzgeber hätte dies sicherlich weiter aufweichen können, er hat sich aber bewusst dafür entschieden, an dem Konzept des Berufsbeamtentums auch nach der Privatisierung festzuhalten: Dies ist nämlich die Kehrseite der Treuepflicht, die auch die Postbeamten auf Lebenszeit eingegangen sind. Die Bundesrepublik schuldet auch Beamten bei Telekom, Post und Postbank Fürsorge und nicht etwa Überforderung. Und benötigt sie Beamte höherer Besoldungsgruppen, dann hat sie entsprechende Beförderungen zu veranlassen. Ausnutzung darf kein Dauerzustand werden oder bleiben, wenn der Gesetzgeber dies nicht ausnahmsweise unter engen Grenzen vorsieht.
Der Autor Robert Hotstegs ist Dozent und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Dienstrecht, insbesondere das Beamten- und Disziplinarrecht spezialisiert.
Robert Hotstegs, BVerwG zu Beschäftigung von Beamten auf höherwertigem Posten: . In: Legal Tribune Online, 20.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19435 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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