2/2: Lost Art-Datenbank dient gerechten eigentumsrechtlichen Lösungen
Das BVerwG hat sich dieser Ansicht der Vorinstanz nicht angeschlossen und die Klage abgewiesen. Die Richter entschieden, dass die Gesellschaft keinen Anspruch auf Löschung der Eintragung hat, solange noch nicht alle Anmelder dieser zugestimmt haben (Urt. v. 19.02.2015, Az. 1 C 13.14). Die Suchmeldung sei daher nicht schon mit dem Auffinden des Gemäldes rechtswidrig geworden. Weil noch keine Klarheit über das endgültige Schicksal des Bildes besteht, lehnt der 1. Senat einen Folgenbeseitigungsanspruch ab.
Der Zweck der Suchmeldungen der Datenbank Lost Art erschöpfe sich nämlich nicht allein darin, dass die Vorkriegseigentümer und ihre Erben dort eingetragene Kulturgüter finden können, wenn über deren weiteres Schicksal noch keine Einigkeit zwischen den Betroffenen besteht.
Eine derartige Beschränkung der Zwecksetzung sei unvereinbar mit den auf der Washingtoner Konferenz vom 3. Dezember 1998 aufgestellten Grundsätzen für Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden (Washingtoner Grundsätze), deren Verwirklichung die Koordinierungsstelle dient. Danach sollen Vorkriegseigentümer und ihre Erben zum Anmelden ihrer Ansprüche ermutigt und nach dem Auffinden eines Kunstwerks auch beim Finden einer gerechten und fairen Lösung unterstützt werden.
Dass der Zweck einer Suchmeldung nicht schon mit dem Auffinden erfüllt ist, bestätigen nach Ansicht des 1. Senats zudem die von der Koordinierungsstelle aufgestellten Voraussetzungen für die Löschung eines Objekts. Unter anderem heißt es dort: "Wird ein Objekt von mehreren Meldern beansprucht, erfolgt die Meldung mit der Koordinierungsstelle Magdeburg als Ansprechpartnerin. Diese informiert im Falle von Anfragen, Identifizierungen oder Veränderungen etc. die Parteien."
Staat darf weiterhin über Raubkunstverdacht informieren
Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht, führte das Gericht aus. Vielmehr handele es sich um eine sachlich zutreffende Information über einen fortbestehenden Raubkunstverdacht. Die staatlichen Betreiber der Datenbank unterrichteten damit den Kunstmarkt. Nach den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für ein solches staatliches Informationshandeln aufgestellt hat, verletzte die Eintragung daher nicht die Grundrechte der Personen, die das Bild nun versteigern können, und bedürfe auch keiner gesetzlichen Grundlage.
Die Erben müssen nun also entweder versuchen, das Werk trotz des Eintrags versteigern zu lassen – eine Variante, die sie vermutlich nicht wählen werden, da sich potenzielle Käufer von der Belastung sicherlich abschrecken lassen und allenfalls einen Bruchteil des tatsächlichen Wertes zahlen werden. Oder aber sie finden eine Einigung mit der anderen Erbengemeinschaft, die allen Interessen Rechnung trägt. Letzteres entspräche sicherlich eher der "gerechten und fairen" Lösung im Sinne des BVerwG.
Anne-Christine Herr, BVerwG zur Lost-Art-Datenbank für NS-Raubkunst: . In: Legal Tribune Online, 20.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14759 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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