Ein LINKE-Abgeordneter hat keinen Anspruch darauf, zu erfahren, ob und was der BND über ihn an die NSA weitergegeben hat. Niko Härting erklärt diese und andere Entscheidungen des BVerwG – und warum er dennoch nicht aufgibt.
LTO: Der LINKE-Abgeordnete Dieter Dehm wollte wissen, ob und in welchem Umfang der Bundesnachrichtendienst (BND) personenbezogene Daten von ihm an die National Security Agency (NSA) weitergegeben hat. Einen solchen Anspruch billigte ihm das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch aber nicht zu (Anm. d. Red.: BVerwG, Urt. vom 15. Juni 2016, Az. 6 A 7.14). Herr Professor Härting, überrascht Sie dieses Ergebnis?
Härting: Nein, der Gesetzeswortlaut sprach gegen Dehm. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Klage – anders als in meinem Fall – nicht an der Zulässigkeit gescheitert ist und das BVerwG einen Auskunftsanspruch unmittelbar aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ableitet.
LTO: Aber der Abgeordnete ist immerhin schon weiter gekommen als bisherige Kläger, u.a. Sie selbst, nämlich bis zur Abweisung seiner Klage als unbegründet. Ihre eigene Klage aus dem Jahr 2014 hat das BVerwG als unzulässig angesehen, weil Sie keine hinreichende persönliche Betroffenheit nachgewiesen hätten.
Härting: Das ist richtig, immerhin hat es einen Auskunftsanspruch für überhaupt denkbar erklärt, obgleich das BND-Gesetz Angaben über die Herkunft und die Empfänger von personenbezogenen Daten von der Auskunftspflicht des BND ausnimmt. Aber auch wenn das BVerwG grundsätzlich den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Auskunftsbegehren für möglich hält, betont der Senat dennoch, dass das Geheimhaltungsinteresse in der Regel Vorrang hat.
BVerwG: Auskunft nur zur Vermeidung gewichtiger Nachteile
LTO: Für einen Ausnahmefall müsste der Betroffene aufzeigen, dass er "die Auskunft über die Herkunft und die Empfänger der gespeicherten personenbezogenen Daten zur Vermeidung gewichtiger Nachteile benötigt." Sehen Sie darin einen großen Fortschritt gegenüber Ihrer Klage aus dem Jahr 2014, mit der Sie sich dagegen gewehrt haben, dass der BND Mails in großem Umfang aufgrund nicht hinreichend konkretisierter Kriterien und Stichworte durchsucht?
Härting: Ganz vergleichbar sind die Klagen nicht, insofern auch die Begründungen des BVerwG nicht. Bei meiner Klage aus dem Jahr 2014 ging es nicht um die NSA. Und es ging auch, anders als bei Herrn Dehm, nicht um Auskünfte. Thema der Klage war vielmehr die strategische Fernmeldeüberwachung. Ich gehe bis heute davon aus, ernsthaft damit rechnen zu müssen, dass unter den im Jahr 2010 durchleuchteten 37 Millionen Mails auch vertrauliche Anwaltspost von mir war.
Damals hat das BVerwG entschieden, dass es an einer Klagebefugnis fehlt, da ich nicht den sicheren Nachweis führen konnte, dass meine Mails in den "Datenstaubsauger" des BND gelangt sind. Für den Abgeordneten Dehm hat es einen Anspruch immerhin für möglich gehalten, aber bemängelt, es fehle an "besonderen Umständen", die einen unmittelbar aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung herzuleitenden Auskunftsanspruch begründen.
BND muss Datenweitergabe an NSA nicht offen legen: . In: Legal Tribune Online, 16.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19681 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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