Bundestag beschließt neues TKG: Das Ende der Warteschleifen-Abzocke

Prof. Dr. Thomas Hoeren

02.11.2011

Teure Telefon-Hotlines, die Anrufer minutenlang mit Musik hinhalten, dürften nach der Verabschiedung des neuen Telekommunikationsgesetzes Ende Oktober bald der Vergangenheit angehören - und auch sonst lösen die Änderungen einige verbraucherrechtliche Probleme. Worum es im Einzelnen geht und was die Opposition an der Novelle auszusetzen hat, erklärt Thomas Hoeren.

Auch wenn es das Warten bei Anruf künftig weiterhin geben wird – günstiger wird die ganze Angelegenheit in jedem Fall: Fiel hier bisher jede lange Minute nervigen Gedudels in der Warteschleife als kostenpflichtiger Serviceteil an, so soll zukünftig ein effektiver Schutz des Verbrauchers vor kostenpflichtigen Warteschleifen eingeführt werden. Das jedenfalls sehen die am 27. Oktober 2011 vom Bundestag mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition verabschiedeten Änderungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vor.

Zu diesem Zweck wurde der Begriff der Warteschleife in § 30 TKG neu gefasst. Er beinhaltet nun sowohl Warteschleifen zu Beginn eines Anrufs, als auch während der Bearbeitung. Ziel der Neufassung ist es, dass der Anrufer wirklich nur dann einer Kostenpflicht unterliegt, wenn sein Anliegen konkret bearbeitet wird. Freuen dürfte die Verbraucher auch, dass es zukünftig eine verpflichtende Ansage über die voraussichtliche Wartezeit gibt.

Insbesondere Verbraucherschützer begrüßen ein Ende der Abzocke mit Warteschleifen. Für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben bleiben den Anbietern zwölf Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, zu dem allerdings noch der Bundesrat zustimmen muss.

Die Handynummer unabhängig vom Vertrag mitnehmen

Auch weitere verbraucherrechtliche Problematiken wurden aufgegriffen. So ist vor Call-by-Call-Gesprächen zukünftig eine Preisansage Pflicht, § 45n des Gesetzentwurfs zum TGK (TKG-E). Ferner wird Verbrauchern gemäß § 45d III TKG-E die Möglichkeit eingeräumt, die Bezahlfunktion in ihrem Handy kostenlos sperren zu lassen.

Deutlich schneller soll es zukünftig beim Wechsel von Telefonanbietern zugehen. Für die Umstellung vom bisherigen auf den neuen Anbieter ist künftig nur noch ein Tag vorgesehen; kommt es zu Verzögerungen, soll der alte Anbieter für die Weiterversorgung des Kunden geradestehen (§ 46 I TKG).

Änderungen gibt es auch bei der Rufnummernmitnahme: Zukünftig kann sogar eine vertragsunabhängige Rufnummernmitnahme bei Handys erfolgen. Der Endnutzer kann also jederzeit von seinem Mobilfunkanbieter die Übertragung der zugeteilten Rufnummer zu einem neuen Anbieter verlangen (§ 46 IV TKG-E). Aber Achtung: Da es sich um eine vertragsunabhängige Rufnummernmitnahme handelt, bleibt der Vertrag zwischen Endnutzer und abgebendem Anbieter auch nach der Rufnummernportierung bestehen. Der Nutzer hat allerdings einen Anspruch auf Zuteilung einer neuen Nummer.

Gute Nachrichten für DSL-Kunden und andere "Ortswechsler"

Wichtige Änderungen im Zusammenhang mit Umzügen finden sich vor allem im neuen § 46 TKG. Ohnehin ein Ärgernis sind die so genannten weißen Flecken der Breitbandversorgung. Darunter versteht man solche Gebiete innerhalb der Bundesrepublik, die bisher noch über kein Breitband-Internet verfügen. Sie werden auf Landkarten der Breitband-Versorgung weiß dargestellt, was den Namen erklärt.

Noch ärgerlicher wurde es aber bisher für denjenigen, der etwa einen DSL-Vertrag mit längerer Laufzeit hatte, aber nach einem Umzug an seinem neuen Wohnort gar kein DSL nutzen konnte: Es musste weiter gezahlt werden. Dem schiebt der Gesetzgeber nun einen Riegel vor, indem er in § 46 VIII S. 3 TKG-E ein Sonderkündigungsrecht für Kunden für den Fall vorsieht, dass der bisherige Anbieter denselben Service am neuen Wohnort nicht erbringen kann.

Aber selbst wenn derselbe Service am neuen Wohnort verfügbar war, konnte der Umzug recht kompliziert werden. War bisher oft eine Sonderkündigung des alten und Abschluss eines neuen Vertrages für den neuen Wohnort erforderlich – was natürlich zu einer verlängerten Bindung des Verbrauchers an den Anbieter führte - so ist zukünftig der Anbieter zur Leistungserbringung am neuen Wohnort verpflichtet, ohne Änderung der vereinbarten Vertragslaufzeit verpflichtet (§ 46 VIII S. 1 TKG-E).

Opposition: Keine Sicherstellung von flächendeckendem Breitband-Internet

Kritik gab es auch, insbesondere von der parlamentarischen Opposition, am Gesetzentwurf der Bundesregierung: Dieser erreiche keine umfassenden Verbesserungen im Verbraucherschutz. So hatte die SPD unter anderem gefordert, dass die Einwilligung des Verbrauchers in Telefonwerbung nur mehr als gesonderte Erklärung in Textform zulässig sein sollte.

Ferner rügte die Oppostion die derzeit bestehenden langen Vertragslaufzeiten und forderte die Einführung einer verpflichtenden vertraglichen Tarifvariante für alle Grunddienste über eine maximale Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. Dies hatte die Koalition abgelehnt.

Besonders stark kritisiert wurde schließlich das Fehlen einer Universaldiensteverpflichtung. Dadurch sollten Unternehmen verpflichtet werden, bundesweit schnelle Internetanschlüsse anzubieten, um so eine flächendeckende Versorgung mit Breitband-Internet sicherzustellen. Die Regierung wies demgegenüber auf die Entwicklung der Breitbandversorgung hin, die in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe. Schwarz-Gelb vertraut demnach auf eine marktinterne Lösung.

Prof. Dr. Thomas Hoeren ist Professor an der WWU Münster und Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (Landeskompetenzzentrum). Seit 1996 ist er auch Richter am OLG Düsseldorf. Er ist u.a. Mitherausgeber der Zeitschrift „Multimedia und Recht“ (MMR), Rechtsberater der Europäischen Kommission/DG XIII im "Legal Advisory Board on Information Technology" und Vertrauensdozent der Studienstiftung des Deutschen Volkes.

 

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Zitiervorschlag

Bundestag beschließt neues TKG: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4699 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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